Wisdom of Happiness
Barbara Miller, Philip Delaquis, Schweiz, 2024o
In diesem Film spricht der Dalai Lama direkt zu uns und führt aus, warum das 21. Jahrhundert zum Jahrhundert des Mitgefühls werden soll. Der spirituelle Lehrer schafft es, uns in seinen Bann zu ziehen und selbst die durch Stress und Alltagshärte versteinerten Herzen zu erreichen.
Über den 14. Dalai Lama, der seit 1950 im Amt ist, gibt es bereits siebzig Filme. Warum noch ein einundsiebzigster? Weil dies dank dem privilegierten Zugang des Schweizer Fotografen Manuel Bauer, der das geistige Oberhaupt der Tibeter:innen seit langem begleitet, kein Film über den Dalai Lama ist, sondern einer mit ihm. Der damals 84-Jährige empfing Bauer, die Regisseurin Barbara Miller (#Female Pleasure) und den als Co-Regisseur zeichnenden Produzenten Philip Delaquis 2019 zu einem Interview, das die Filmcrew um Archivmaterial über die chinesische Okkupation Tibets, die Zerstörung der buddhistischen Klöster und Kultur des Landes, das indische Exil, das weltweite Wirken und ganz persönliche Erinnerungen des Dalai Lama ergänzt hat. Im Zentrum des Films aber stehen die «Teachings», die spirituellen und lebenspraktischen Anweisungen, die der grosse Bescheidene frontal in die Kamera spricht: Mitgefühl und aktive Solidarität, die Bändigung negativer Gedanken und Gefühle mittels Atemtechnik und Meditation – die Quintessenz eines langen Lebens und einer Glückslehre, die ohne Jenseits auskommt und als Korrektiv zum westlichen Konkurrenzdenken und Konsumismus gerade im Westen immer populärer wird. Geteilter Meinung sein kann man über die für Unterweisungen typischen Wiederholungen, die musikalisch üppig orchestriert und mit einem steten Strom von Impressionen aus aller Welt illustriert werden. Die ästhetische Überfrachtung steht im seltsamen Widerspruch zur Schlichtheit dieses Mannes und seiner Lehre. Letztere aber hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
Andreas Furler