In Liebe, eure Hilde
Andreas Dresen, Deutschland, 2024o
Ein biografisches Drama um die NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi, die zusammen mit ihrem Mann Hans zur „Roten Kapelle“ gehörte. Der Film zeichnet ihre letzten Lebensmonate von der Verhaftung 1942 über die Haft im Frauengefängnis, wo sie einen Sohn zur Welt bringt, bis zur Hinrichtung nach. Die Montage bricht die Chronologie mit Szenen aus der Vorgeschichte des Paares auf.
Wozu ein weiterer historischer Film über den Widerstand gegen den Faschismus, mögen sich manche beim Lesen der Synopsis dieses Biopics fragen. Und dies umso mehr, als es um einen Widerstand geht, der kaum etwas bewirken kann, weil der Gegner so übermächtig ist und die Widerstand Leistende so unbedeutend – so wie Rabiye Kurnaz aus Andreas Dresens letztem Film von 2022, der es trotzdem gelingt, ihren Sohn aus Guantanamo zu befreien. Und wie Hilde Coppi (Liv Lisa Fries), Berliner Praxisassistentin und Mitglied der Widerstandsgruppe «Rote Kapelle», die am 5. August 1943 von den Nazis hingerichtet wurde. Im Zentrum von In Liebe, Eure Hilde stehen denn auch nicht die (sehr überschaubaren) Aktionen der Gruppe – ein paar Flugblätter und der Versuch, über Funk mit den Sowjets zu kommunizieren –, sondern die Bedeutung des Widerstands an sich, gerade hinsichtlich der Gefahren. Weshalb all die Strapazen auf sich nehmen, Freiheit und Leben riskieren, wenn es wahrscheinlich doch nichts ändert? Dresen und seine Drehbuchautorin Laila Stieler gehen dieser Frage mit einer überraschenden, so erfolgreichen wie unerbittlichen Erzählstruktur nach: Am Anfang steht Hildes Verhaftung, dann werden parallel einerseits die Vorgeschichte, andrerseits die Folgen erzählt. Schwangerschaft, Liebe, Kennenlernen mit Hans Coppi (Johannes Hegemann) und Möglichkeit zum Glück stehen direkt neben Gefängniseintritt, der Geburt des Sohnes unter schlimmstmöglichen Umständen, Prozess, Todesurteil und Fallbeil. Dazwischen und in beide Richtungen zeigt der Film so einfach und unsentimental wie nur möglich, worum es wirklich geht: dass jede Interaktion – ob mit dem Geliebten oder der Gefängnisaufseherin – die Wirklichkeit direkt beeinflusst und deshalb von Anstand und Liebe geleitet sein sollte. Alleine dafür lohnt es sich.
Dominic Schmid