Megalopolis
Francis Ford Coppola, USA, 2024o
Die Stadt New Rome muss sich verändern, was zu Konflikten zwischen dem genialen Architekten Cesar Catilina und seinem Widersacher, dem Bürgermeister Franklyn Cicero, führt. Während der eine den Sprung in eine utopische, idealistische Zukunft wagt, hält der andere am Status quo fest, der von Gier, Partikularinteressen und Partisanenkriegen geprägt ist. Zwischen den beiden steht die Tochter des Bürgermeisters.
Nach vierzehn Jahren des Schweigens verwirklicht der 85jährige Francis Ford Coppola sein seit vierzig Jahren gehegtes Projekt Megalopolis: In der Stadt New Rome fordert ein utopischer Architekt (Adam Driver), der die Zeit anhalten kann, den konservativen Bürgermeister (Giancarlo Esposito) heraus, zwei unversöhnliche Gegner, deren Visionen für die Zukunft der Stadt sich auf allen Ebenen widersprechen. Zwischen dem Künstler und der Politikerin steht die Tochter des Letzteren, die in den Ersteren verliebt ist. Inmitten eines Netzes von Intrigen um Sex, Macht und Geld versuchen der Architekt und seine Muse, New Rome vor dem Niedergang zu bewahren. –Tun wir mal so, als sähen wir hierin nicht ein schwelgerisches Selbstporträt des Filmemachers als totalen Weltenschöpfers. Offensichtlich ist auf alle Fälle die Masslosigkeit dieses 100-Millionen-Traums, den Coppola aus der eigenen Tasche bezahlt hat. Der Film ist eine spektakuläre Vision eines dekadenten Amerika, eine grosse Oper mit pompösen Kulissen und extravaganten Kostümen, irgendwo zwischen Cabiria und Metropolis. Vom Regisseur von Apocalypse Now war nichts anderes zu erwarten. Auch für ihn scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Eingefroren in einer Vorstellung vom Kino als Showmaschine, die aus der Goldenen Zeit der Studios stammt, ist Megalopolis eine Summe von Hommagen an die Filme und Regisseure, die Coppola inspiriert haben, allen voran Abel Gance und sein Napoleon. Der Film ist grossspurig, manchmal lächerlich, aber nicht frei von Glanzlichtern, so die Eröffnungssequenz: Von der Spitze des Empire State Building, das scharf gegen einen blauen Himmel abgegrenzt ist, bereitet sich Adam Diver auf einen Sprung in die Tiefe vor – eine Lektion über das Kino als die Kunst, die Zeit aufzuhalten. Als Regisseur und Winzer sollte Coppola wissen, was für den Wein wie für die Filmemacher gilt: Manche werden mit dem Alter besser, andere erreichen ihr volles Potenzial in den ersten Jahren. Schwer zu sagen, was auf Coppola zutrifft.
Émilien Gür