Sterben

Matthias Glasner, Deutschland, 2024o

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Während ein älteres Ehepaar mit Krankheit und Tod konfrontiert wird, studiert der als Dirigent tätige Sohn gerade ein Orchesterwerk über das Sterben ein und ringt nebenher mit seinem Privatleben. Die Tochter hingegen schlittert mit Alkoholeskapaden in die Selbstzerstörung. Der Film erzählt einerseits eine Geschichte über den Tod, welche die Schwere des Themas mit Galgenhumor auflockert, andererseits das Porträt einer emotional verwahrlosten Familie, deren Mitglieder nur isoliert voneinander leben können.

Der deutsche Regisseur Matthias Glasner mag es schwer. Seine früheren Werke handeln etwa von Vergewaltigung und sozialer Ächtung, Fahrerflucht und Gewissensnot oder dem asozialem Verhalten eines Undercover-Cops. In Sterben geht es um eine zerrüttete Familie, emotionale Kälte (Mutter und Sohn), Demenz (der Vater), Krebs (die Mutter), Alkoholsucht (die Tochter) und suizidale Depression (der beste Freund des Sohns), und dies über volle drei Stunden – richtig schwere Kost also. Mundgerecht gemacht wird sie einem durch eine Kapiteleinteilung, die zuvor ausgelassene Puzzelteile überraschend ergänzt oder aus neuer Sicht zeigt, vor allem aber durch die Besetzung mit der Crème de la Crème derzeitiger deutscher Schauspielkunst: Corinna Harfouch und Hans-Uwe Bauer als Elternpaar in fortschreitender Auflösung, Lilith Stangenberg und Lars Eidinger als Tochter und Sohn, Roland Zehrfeld als ihr Liebhaber, Robert Gwisdek als sein Freund. Alle zusammen schenken sich nichts, die zentralen Szenen sind gnadenlose Demontagen von Paar-, Geschwister-, Freundschafts- und Eltern-Kind-Beziehungen, in denen man sich von Entfremdung und Gleichgültigkeit bisweilen bis zum blanken Hass steigert, während Momente unvermuteter Zärtlichkeit oder Hingabe rare Lichtblicke bilden. Gemildert werden die Showdowns zudem von Glasners grimmigem Humor, der den Sohn mit sarkastischen Sprüchen austattet, die Tochter mit destruktivem Verhalten bis zur Grand-Guignol-Komödie. In den besten Momenten hat das den Sog rückhaltloser Aufrichtigkeit, wie man sie von Beziehungs-Pathologen wie Tennessee Williams und Ingmar Bergman kennt, in den schwächsten kippt es in die enervierende Groteske. De facto handelt Sterben weniger vom Tod als von der höchst lebendigen Egozentrik der Figuren und ihrer Unfähigkeit, sich und das Leben auch mal unernst zu nehmen: eine geharnischte Zeitdiagnose von deutscher Gründlichkeit, ist man sich am Ende auch nicht ganz sicher, ob sie dem Regisseur eher gelungen oder unterlaufen ist.

Andreas Furler

Galerieo

Filmdateno

Synchrontitel
Dying EN
Genre
Drama
Länge
183 Min.
Originalsprache
Deutsch
Bewertungen
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ØIhre Bewertung7.7/10
IMDB-User:
7.7 (77)
Cinefile-User:
< 10 Stimmen
KritikerInnen:
< 3 Stimmen q

Cast & Crewo

Lars EidingerTom Lunies
Corinna HarfouchLissy Lunies
Lilith StangenbergEllen Lunies
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