Civil War
Alex Garland, USA, GB, 2024o
In einer unbestimmten, aber nahen Zukunft hat sich die Polarisierung der USA zu einem zweiten Bürgerkrieg zugespitzt. Unter Führung von Kalifornien und Texas rücken die Weststaaten gegen Washington vor, während sich eine abgebrühte Kriegsfotografin und ihr Reporterkollege an der Ostküste Richtung Hauptstadt vorkämpfen, wo sie sich ein Interview mit dem angezählten Präsidenten erhoffen. Die Reise mit unerwünschten BerufskollegInnen im Schlepptau führt über Kriegsschauplätze voller düsterer Szenerien.
Seit der Polarisierung der amerikanischen Politik und Gesellschaft durch die Präsidentschaft Donald Trumps wird in den USA mit neuer Dringlichkeit die alte Frage verhandelt, ob man auf einen zweiten Bürgerkrieg zusteuert: das Landesinnere gegen die Küsten, reaktionäre Modernisierungsverlierer gegen elitäre Gewinnler. Umso seltsamer mutet das Szenario an, das der für Negativ-Utopien bekannte Hollywood-Brite Alex Garland (Ex Machina, Annihilation) seinem Reisser Civil War zugrunde legt: Ausgerechnet Kalifornien und Texas rücken als Verbündete gegen die Ostküste vor, der ewige Swing State Florida bildet eine Fraktion für sich, der US-Präsident verschanzt sich als Aushängeschild einer nebulösen dritten Allianz im Weissen Haus. Garlands Story handelt von einer abgebrühten Kriegsfotografin (Kirsten Dunst) und ihrem journalistischen Partner, die sich nach Washington durchschlagen, wo sie auf ein Interview mit dem angezählten Präsidenten hoffen. Dabei halsen sie sich als Weggefährten eine übereifrige Jungfotografin und einen abgeklärten Reporterveteranen auf und geraten auf Umwege: eine Autobahn voller Wracks, ein Häuserkampf mit Sofort-Exekution der Besiegten, eine Nacht unter Flüchtlingen, Begegnungen mit halbirren Bürgerwehren, Snipern und Milizen, schliesslich das Showdown in Washington, wo das Pressetrüpplein im Schlepptau der Angreifer ins Weisse Haus vordringt. Die Szenerien im Einzelnen sind alle aufwändig angelegt, der Schrecken des Bürgerkriegs eindringlich inszeniert. Was im Privaten wie im Politischen auf Dauer aber fehlt, ist eine mehrdimensionale Logik, welche die Vignetten verkettet, die Story vorantreibt und einen emotional mitreisst. "Grosses Kino" mit kleiner Wirkung daher.
Andreas Furler