Goodbye Julia
Mohamed Kordofani, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Saudi-Arabien, Sudan, Schweden, 2023o
Die gut situierte Mona aus dem Nordsudan hat unter unglücklichen Umständen den Tod eines Mannes aus dem Süden verursacht. Um ihre Schuld wiedergutzumachen, nimmt sie dessen Witwe Julia und ihren Sohn bei sich auf. Die beiden Frauen nähern sich einander sanft an, während das Land sich zunehmend spaltet.
Aufgrund einer Verkettung höchst unglücklicher Ereignisse ist die wohlhabende Mona aus der islamischen Oberschicht im Norden des Sudans für den brutalen Tod eines Mannes aus dem vorwiegend christlichen Süden verantwortlich. Beissende Schuldgefühle treiben sie dazu, seine nichts ahnende, mittellose Witwe Julia und ihren Sohn als Bedienstete in ihrem Haus aufzunehmen. Auch ihren rigiden Ehemann, zu dem sie ein brüchiges, von Respekt, aber nicht Liebe geprägtes Verhältnis hat, lässt sie im Dunkeln über die Umstände der Anstellung. Unter dem Damoklesschwert der Wahrheit entwickelt sich über die Jahre hinweg ein immer intimeres und freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden Frauen. Auf äusserst elegante, bedachte und doch spannende Weise nutzt der Regisseur und Drehbuchautor Mohamed Kordofani Spaltungen der Religion, Politik, Ethnie, Geschlechts- und Klassenzugehörigkeit zu einer Reflexion, die aufgrund ihrer Tiefe und menschlichen Wahrhaftigkeit universell ist, obwohl sie konkret auf dem Hintergrund der sudanesischen Geschichte angesiedelt ist – der Film spielt in der Zeit vor der Teilung des Landes in zwei Staaten 2011. Als erster sudanesischer Beitrag überhaupt lief diese wunderbare Parabel über Schuld, Sühne und Lebenslügen letztes Jahr in der Sektion "Un Certain Regard" in Cannes.
Till Brockmann