Bon Schuur Ticino
Peter Luisi, Schweiz, 2023o
Nach einer Volksabstimmung wird Französisch zur einzigen Schweizer Landesprache. Der Bundespolizist Walter Egli, in Sachen Fremdsprachen ein hofffungsloser Fall, wird mit der Durchsetzung der neuen Regelung in Zürich beauftragt und bald ins Tessin abgeschoben. Dort bahnt sich eine offene Sprachrebellion an, deren Drahtzieher Egli zusammen mit einem welschen Kollegen aushorchen soll. Dabei kommt er auch einer Politintrige auf die Spur.
"High Concept Movies" nennt man in Hollywood Filme, deren Grundidee sich in einem Satz zusammenfassen und entsprechend gut vermarkten lässt. Die Komödie Bon Schuur Ticino ist ein helvetischer Paradefall für dieses Prinzip: Bei der Abstimmung über eine Volksinitiative setzt sich überraschend das Französische als einzige Landesprache durch, worauf die Tessiner den Aufstand machen. Das komische Potenzial dieses Szenarios steckt natürlich in seiner Absurdität. Verstärkend hinzu kommt, dass der Zürcher Komiker Beat Schlatter sowohl den pomadigen Vater der Initiative als auch einen demotivierten Beamten verkörpert, der die neue Sprachregelung durchsetzen muss, obschon er in Sachen Fremdsprachen ein hoffnungsloser Fall ist. Schlatter ist in dieser Doppelrolle besser denn je, weil er den herzensguten Spiesser und Nörgler, auf dem seine Karriere fusst, facettenreicher als früher spielt und zugleich dessen Gegenstück, den markigen Talkshow-Schwafler, geben kann. Die Anschlussidee, dass sich der Beamte in den Tessiner Widerstand einschleust, dabei das Herz einer waschechten Locarneserin erobert und schliesslich noch die Mauscheleien seiner anderen Figur aufdeckt, ist zwar ein dramaturgischer Kraftakt, bringt aber eine ganze Reihe amüsanter Szenen hervor, unter denen die Frankophonisierung der Deutschschweiz und das Showdown hinter den Bundeshaus-Kulissen die Highlights, die Tessin-Klischees die Tiefflieger und die Romandie-Persiflage die seltsame Leerstelle sind. Doppelt komisch zudem, dass die eidgenössischen Urgewächse Armee und SBB bei der Produktion offenbar kaum kooperierten, so dass im Tessin nur ausrangierte Uniformen und Züge vorkommen ... High Concept Movies schlagen ein, wenn sie den Nerv ihres Publikums treffen. 320'000 Leute haben sich Bon Schuur Ticino bislang in den Schweizer Kinos angesehen: Volltreffer.
Andreas Furler