Beau Is Afraid
Ari Aster, USA, Kanada, Finnland, 2023o
Der Phobiker Beau geht auf die fünfzig zu und lebt als vereinsamter Sozialfall in einem Slumquartier voller Spinner. Als seine Mutter von einem Kronleuchter erschlagen wird, soll er zu ihrer Beerdigung reisen. Stattdessen landet er zuerst bei behäbigen Gutmenschen in einer beklemmenden Vorstadtidylle, dann bei kunstbeflissenen Bohémiens in deren Freiluft-Sinnspiel. Als er endlich in der Villa seiner Mutter ankommt, erwarten ihn dort weitere Überraschungen und dunkle Geheimnisse über sein kafkaeskes Leben.
Fans von Horrorfilmen erklären uns Unwissenden gern, dass nichts falscher sei, als das blutige Beiwerk dieses Genres ernst zu nehmen. Es handle sich im Grund um schwarze Komödien und Wetten mit dem Publikum, wie weit man einen bösen Gedanken treiben könne. Die rabenschwarze Komödie Beau Is Afraid ist ein Paradebeispiel für diese These. Ihr Autor und Regisseur ist der wunderliche Amerikaner Ari Aster, der mit Hereditary und Midsommar jüngst zwei Blockbuster des Horrorfilms geschaffen hat, die beide von dynastischen Verhängnissen handeln und von bösem Witz strotzen. Asters jüngster Streich dreht nun die Horrorthematik der verfluchten Vorfahren vollends ins Komische: die Geschichte eines Phobikers und Sozialfalls um die Fünfzig, der zur Beerdigung seiner verunglücken Mutter reisen sollte und von tausend Ängsten und Missgeschicken aufgehalten oder umgeleitet wird. Aster legt das ödipale Drama über einen ewigen Jungen und seine monströse Mutter in vier Teilen an, von denen jeder ein Genre (das Sozialdrama, die Vorstadtidylle, das Sinnspiel und das Melo) einfallsreich ad absurdum führt. Joaquim Phoenix variiert als Titelheld seine Paraderolle als psychopathischer Looser in Joker, und Aster spickt dessen grotesken Leidensweg mit weiteren Referenzen im Dutzend. Eine überquellende Wundertüte und definitiv Wahnsinn mit Methode.
Andreas FurlerNach Hereditary und Midsommar präsentiert das Horror-Talent Ari Aster seinen dritten Spielfilm, und der hat es in sich. Beau Is Afraid bietet Überraschungen, kreative Ideen und verstörende Momente, die durch die fantastische Performance von Joaquin Phoenix und die beeindruckende Inszenierung von Aster in einem der absurdesten und verrücktesten Filme der letzten Jahre resultieren. Für den grösstmöglichen Kinospass empfehlen wir, sich nicht zu sehr mit der Handlung vertraut zu machen. Denn was hier alles passiert, muss man selbst erlebt haben.
Rouven Jetter