Plan 75
Chie Hayakawa, Japan, Frankreich, Philippinen, 2022o
Japan in einer nahen Zukunft: Ein Drittel der Bevölkerung ist über 65 Jahre alt, das Land hat eine der niedrigsten Geburtenraten der Welt und erlebt eine historische Wirtschafts- und Gesundheitskrise. Die Lösung der Regierung ist der "Plan 75": Bürger:innen über 75 Jahre sind aufgerufen, zum Wohle der Gesellschaft kostenlose Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Eine ältere Frau, die nicht mehr unabhängig leben kann, ein pragmatischer "Plan-75"-Verkäufer und eine junge philippinische Pflegerin stehen vor der Entscheidung über Leben und Tod.
In Frankreich hat die Regierung Macron kürzlich das Renteneintrittsalter angehoben und bereitet nun einen Gesetzentwurf über das "Lebensende" vor. Will sie etwa den Plan 75 umsetzen, den Chie Hayakawa in seinem gleichnamigen Film entworfen hat, in dem die Regierung eines künftigen Japans das Rentenalter abgeschafft und einen Plan zur Förderung des assistierten Suizids für MitbürgerInnen ab 75 Jahren verabschiedet hat? Die Annäherung der Realität an die Fiktion ist beunruhigend und der Film selbst ist es nicht weniger. Er begleitet drei Personen (einen Angestellten des Plan 75, eine "Begünstigte" und eine philippinische Immigrantin, die Hinterlassenschaften der Verstorbenen zu sortieren hat). Sie sind Teil eines Systems, in dem Leben und Tod nur noch eine Frage der Verwaltung sind. Die Protagonisten zweifeln immer mehr an einem Regime, das Wirtschaftswachstum über Menschenleben stellt, und ein Stück weit auch an sich selbst. Damit liefern sie uns reichlich Stoff zum Nachdenken über den Sinn des Todes, wie ihn der Titel gebende Plan definiert. Gleichzeit erinnert uns der sorgfältig inszenierte Film daran, dass das Kino am Leben und wohlauf ist.
Emilien Gür