Under the Fig Trees
Erige Sehiri, Frankreich, Deutschland, Katar, Schweiz, Tunesien, 2022o
Für Malek, Fidé, Sana und Mariem ist die sommerliche Feigenernte eine Gelegenheit, ihre Familien zu unterstützen und gleichzeitig etwas Aufregung in ihr Leben zu bringen. In der ländlichen Umgebung entstehen unter den Feigenbäumen Momente der Intimität und der Spannung. Zwischen ihrer Beziehung zur Arbeit und der Liebe zu den Jungs spielt sich im Obstgarten ein wahres Theater der Gefühle ab.
Auf einer Feigenplantage in Tunesien arbeiten Frauen und Männer, junge und ältere. Den jüngeren stellen sich gleich mehrere Herausforderungen: Man muss gut arbeiten, um sich beim Chef einzuschmeicheln oder zumindest nicht entlassen zu werden, gleichzeitig gilt es zu flirten und KonkurentInnen in Schach zu halten, denn auf dem Land gibt es wenig andere Gelegenheit, unter den Geschlechtern zu poussieren. Wer denkt, es komme nun zu einer Abfolge von verstohlenen Blicken, heimlichen Gesten und zarten Andeutungen, wie man es in Werken aus diesem Kulturkreis öfters beobachtet, sieht sich und jeden Seichtheitsverdacht schnell widerlegt. Die Dinge werden beim Namen genannt: Liebe, Eifersucht, sexuelles Begehren, Heuchelei, Generationenkonflikt, Geschlechterungleichheit ... Und das vollbringen die wunderbar geführten Laiendarsteller, ohne dass es aufgesetzt wirkt – überdies spielt das Ganze an einem einzigen Tag. Eine tolle Leistung der jungen Regisseurin Erige Sehiri, die aus dem Dokumentarfilm kommt und hier ein sackstarkes Spielfilmdebüt vorlegt.
Till Brockmann