Holy Spider
Ali Abbasi, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Schweden, 2022o
In der iranischen Grossstadt Mashhad, die wegen ihrer Heiligtümer 24 Stunden pro Tag unter dem Diktat der Religion steht, geht ein Prostituierten-Mörder um. Eine erfahrene Journalistin heftet sich an die Fersen des Täters, der sich seinerseits als Sittenwächter aufspielt. Orchestriert von einer bigotten Öffentlichkeit, kommt es zu einem Ringen auf Leben und Tod. – Nach wahren Begebenheiten.
Die besten iranischen Filme werden derzeit im Ausland gedreht. Unter der Zensur des wackelnden Mullah-Regimes ist dies anders kaum möglich. Der im skandinavischen Exil lebende Regisseur Ali Abasi greift für seinen Thriller den realen Falls eines Prostituierten-Mörders auf, der 2001 in der nordiranischen Metropole Maschhad beinahe zum Volkshelden avancierte, indem er seine grausigen Taten als Kampf gegen den Sittenzerfall verkaufte. Abasi rollt den Fall an der fiktiven Figur einer mutigen Journalistin auf, die sich an die Fersen des Mörders heftet. Ein schonungsloses Porträt einer Gesellschaft im Würgegriff der religiösen Tyrannen, der zu allgegenwärtiger Heuchelei und Verrohung führt. Storytelling, Inszenierung und Besetzung des in Jordanien gedrehten Films sind makellos: ein weiterer Quantensprung im Kampf des iranischen Kinos gegen die bigotten islamistischen Patriarchen.
Andreas Furler