Und morgen seid ihr tot
Michael Steiner, Schweiz, 2021o
2011 wird das junge Schweizer Paar Daniela Widmer und David Och auf einer langen Reise entlang der alten Seidenstrasse in Pakistan entführt. Sie werden den Taliban übergeben und acht Monate lang mitten im Kriegsgebiet unter prekärsten Bedingungen als Geiseln gehalten. Als alle Verhandlungen um die Freilasssung des Paares im Sand verlaufen, bleibt ihm schliesslich nur die Wahl zwischen Flucht oder Tod. - Nach wahren Begebenheiten.
Das Schweizer Paar Daniela Widmer und David Och wurde 2011 in Nordpakistan von einer kriminellen Bande entführt und an die Taliban «verkauft», die ihrerseits fünf Millionen Dollar Lösegeld und die Freilassung inhaftierter Kämpfer für ihre Geiseln verlangten. Das fesselnde Dokudrama von Michael Steiner (Wolkenbruch, Grounding) rollt die Entführung konsequent aus der Sicht des Paares auf und schildert dessen psychische und physische Achterbahnfahrt während den acht Monate langen Verhandlungen und der Gefangenschaft unter prekären, bisweilen kriegerischen Bedingungen. Vielschichtig und spannend ist dabei auch das Bild der Entführer, die sich teils wie höfliche Gastgeber verhalten und im Kontext ihrer Gruppen und Familien menschliche Gesichter bekommen. Atemberaubend schliesslich die Zuspitzung des Dramas auf die Optionen Tod oder Flucht.
Andreas FurlerGalerieo
Michael Steiner hat einen Fall verfilmt, der die Schweizer Öffentlichkeit bewegte.
«Die Schweiz hat die dümmsten Geiseln der Welt», titelte der «Blick». Und der «Tages-Anzeiger»: «Sorry, wir haben kein Bedauern.» Die ehemaligen Polizisten Daniela Widmer und David Och reisten 2011 mit dem Kleinbus durch Pakistan, als sie von einer kriminellen Bande entführt und an die Taliban verkauft wurden. Monatelang blieben die beiden in Gefangenschaft, während die Schweiz über die Freilassung verhandelte. Im März 2021 gelang dem Duo die Flucht. Daheim jedoch wurde ihre Version der Geschichte angezweifelt, die Rückkehrenden ernteten Spott und Kritik. Wer nach Pakistan fährt, ist selbst schuld, so das Urteil der Öffentlichkeit.
Regisseur Michael Steiner kämpft mit seinem Film gegen diese Sicht, setzt seine eigene Version dagegen – ähnlich wie bei seinem früheren Film «Grounding: Die letzten Tage der Swissair». «Und morgen seid ihr tot» rückt einige Details gerade, erklärt zum Beispiel, dass Widmer und Och weitab des Taliban-Gebiets unterwegs waren, als sie entführt wurden.
Davon abgesehen ist der Film einfach ein packender Thriller, und die Dynamik des Paares ist sorgfältig herausgearbeitet: Unter dem Stress leidet die Beziehung der beiden, trotzdem sind sie aufeinander angewiesen. Morgan Ferru und Sven Schelker in den Hauptrollen spielen das sehr glaubwürdig. Nur die Szenen in der Schweiz, wo die Eltern bangen und die Schweizer Beamten verhandeln, haben öfter eine unfreiwillige Komik.