Fantasia
Samuel Armstrong, James Algar, William Roberts, Paul Satterfield, Hamilton Luske, Jim Handley, Ford Beebe, T. Hee, Norm Ferguson, Wilfred Jackson, Ben Sharpsteen, David Hand, USA, 1940o
Disneys Filmexperiment aus dem Jahr 1940 lässt aus klassischer Musik eine Reihe magischer Bilderwelten entstehen: Auf semi-abstrakte Farbspiele zur (orchestral aufgepeppten) Toccata und Fuge von Bach folgen lieblich tanzende Pilze zu Tschaikowskis «Nussknacker»-Suite und die grossartig dramatische Szene mit Micky Maus als Zauberlehrling. Strawinskys «Sacre du printemps» liefert den musikalischen Horizont für eine Evolutionsgeschichte vom Urknall bis zum Aussterben der Saurier, und auf das burleske Ballett der Nilpferde zu Ponicellis «Tanz der Stunden» folgt als dramatischer Höhepunkt eine wahrhaft höllische «Nacht auf dem kahlen Berg» nach Mussorgsky.
Walt Disney hatte aus nahe liegenden Gründen ein genuines Interesse am Farbfilm und brachte mit Flowers and Trees 1932 nicht nur den ersten Film überhaupt mit Technicolors neuem Dreifarben-Verfahren heraus, sondern sicherte sich im Animationsfilmgenre bis 1935 auch die Technicolor-Exklusivrechte. Für seinen megalomanen Versuch, klassische Musik mit den Mitteln des Zeichentrickfilms zu illustrieren, bot er ganze Hundertschaften von Animatoren auf, darunter so gegensätzliche Temperamente wie den den deutschen Pionier des abstrakten Zeichentrickfilms, Oskar Fischinger, oder den Kanadier John Hubley, der später mit Sandanimationen Furore machen sollte. Das Resultat ist ein denkbar heterogenes Werk, dessen Bandbreite vom Experimentalfilm über ausgelassene Cartoons bis zum pseudoreligiösen Kitsch reicht. Nebst den Ohrwürmern der klassischen Musik findet sich allerdings ein zweiter gemeinsamer Nenner: die stupende technische Perfektion.
Andreas Furler