Like Someone in Love
Abbas Kiarostami, Frankreich, Japan, 2012o
Die Studentin Akiko jobt in Tokyo als Callgirl und wird zu einem alten Professor bestellt, der am bezahlten Sex aber weniger interessiert scheint als am Gespräch und an Akikos Ähnlichkeit mit seiner verstorbenen Frau. Am folgenden Tag werden die beiden mit Akikos eifersüchtigem Freund konfrontiert und verstricken sich in ein Netz von Ausflüchten.
Der letzte Spielfilm des grossen iranischen Filmautors Abbas Kiarostami (1940–2016) entstand in Japan und ist einer seiner stärksten, erzählerisch vielleicht sein raffiniertester. Er handelt von einer Studentin in Tokyo, die als Callgirl jobt und eines Abends von einem verwitweten Professor um die achtzig nach Hause bestellt wird. Die Studentin will eigentlich aus ihrem anrüchigen Nebenerwerb aussteigen, weil ihr eifersüchtiger Freund, ein einfacher Garagist, Lunte gerochen hat, und dem alten Mann scheint die Situation weder vertraut noch geheuer zu sein. Aus dieser Konstellation entwickelt Kiarostami ein berückendes Geflecht ambivalenter Gefühle, in dem die Auslassungen und Andeutungen ungleich wichtiger sind als das Offensichtliche. Makellos zudem die Besetzung, hinreissend die Settings, die Farbgestaltung und die räumliche Inszenierung, die mehr zur Klärung der Gefühle beiträgt als alles Gesagte. Grosses Kino der kleinen Gesten auf engem Raum, äusserlich sparsam, gerade deshalb so reich an Nuancen und Bedeutung.
Andreas Furler