Honeyland
Ljubomir Stefanov, Tamara Kotevska, Mazedonien, 2019o
In einem mazedonischen Dorf kümmert sich die 50-jährige Hatidze um ihre uralte Mutter und um Bienenvölker, die wild zwischen Felsspalten leben. Mit Respekt erntet sie den Honig und lässt dabei immer die Hälfte für die Bienen zurück. Doch dann ziehen neue Nachbarn mit schallenden Motoren, kreischenden Kindern und 150 Kühen ein. Und auch die entdecken das Honiggeschäft.
Man könnte am Beispiel dieses Films eine Diskussion führen über das Nachinszenierte im Dokumentar- oder das Vorgefundene im Spielfilm. Doch diese 83 verdichteten Minuten Wirklichkeit, in dreijähriger Arbeit herausgefiltert aus 400 Stunden Material, fegen alle akademischen Erwägungen vom Tisch kraft der puren Präsenz ihrer Szenerie und Figuren: die von der Natur geformten Gesichter einer 50-jährigen Imkerin und ihrer erblindeten Mutter in einem halbverfallenen mazedonischen Bergdorf, die halsbrecherische Arbeit an steilen Hängen, das lustvolle Feilschen auf dem Markt, schliesslich die Ankunft einer kinderreichen und ungeniert lärmigen Zigeunerfamilie, die auch ihren Teil am Honiggeschäft will, aber das nüchterne Erfahrungsgesetz des Masshaltens nicht kennt. Ein "Ökofilm" also, doch keiner, der einem die Botschaft unter die Nase reibt, sondern einer, der alles aus intensiver Beobachtung dieses kargen Haushaltens mit der Natur erschliesst.
Andreas FurlerEs ist kein Film mit einer Öko-Botschaft, kein simpler "Rettet die Bienen"-Beitrag, zur aktuellen Stimmungslage. Gesellschaft und Natur sind in komplexer Balance. Und Hatidze ist fröhlich extrovertiert. Nicht sie haben mich gefunden, sagt sie von den Filmemachern, ich habe sie gefunden. Ein Film der Selbstgenügsamkeit. (Auszug)
Fritz GöttlerEn dépit du côté très âpre de l’histoire, ce film, lancé à Sundance où il a fait le plein de prix, est une splendeur. Splendeur dans sa narration, mais aussi, sinon plus, dans sa photographie et sa direction artistique. Un des premiers plans, dans lequel l’apicultrice visite une de ses ruches à flanc de colline, est à couper le souffle. Tout comme ces séquences filmées de nuit dans sa bicoque éclairée à la chandelle. On dirait des tableaux sortis des XIVe et XVe siècles. On ne peut que souligner l’audace du distributeur MK2 Mile End de nous proposer cette perle d’humanité, ce film d’art, à voir sans faute sur grand écran.
André Duchesne