Les Femmes du 6ème étage
Philippe Le Guay, Frankreich, 2010o
Paris in den 1960er Jahren: Jean-Louis Joubert, der stockkonservative Chef einer Treuhandfirma und Kopf grossbürgerlichen Kleinfamilie, führt eine neue Haushälterin aus Spanien in ihre Pflichten ein. Nach ersten Reibereien entdeckt er, dass diese Teil einer ganzen Schar spanischer Dienstfrauen ist, die in der 6. Etage seines gutbürgerlichen Wohnhauses ein kärgliches, aber ungleich lebenslustigeres Dasein fristen. As sich eines stille Allianz mit den Spanierinnen etabliert, kommt es in Jouberts erstarrter Ehe zum Eklat und der Hausherr nimmt selbst Zuflucht in der Mansarden-Etage.
Keine Frage: Dieser Kinohit, seit dem schon ein paar Jahre vergangen sind, ist eine der zahllosen französischen Komödien, die über soziale Klischees nicht herauskommen. Doch in diesen Schranken bewegt sich der Film so geistreich und unterhaltsam, dass man ihm die konventionelle Machart gern verzeiht. Im Zentrum steht ein Pariser Gross- und Spiessbüger der frühen 1960er Jahre, dessen Ehe und Standesdünkel ins Wanken geraten, als er die Welt der spanischen Dienstfrauen entdeckt, die in den Mansardenzimmern seines Arpartmenthauses ein kärgliches, aber ungleich lebendigeres Dasein führen als er und seine Frau. Fabrice Luchini und Sandrine Kiberlain verkörpern die bourgeoise Überheblichkeit gewitzter und vielschichtiger, als es anfänglich den Anschein hat, und auch die Schar spanischer Fremdarbeiterinnen, angeführt von Almodovars früher Favoritin Carmen Maura, spielt sich zunehmend von stereotyper meditarraner Lebensfreude frei. Am charmantesten schillert der Mittelteil des Films, in dem der kriselnde Ehemann seinerseits Zuflucht im Dachgeschoss nimmt und die Lebenshintergründe seiner Zimmernachbarinnen kennenlernt. Von einer auf seinen seligen Gesichtsausdruck in der beengenden Kammer angesprochen, sagt er: "Sie ahnen gar nicht, wie frei ich mich fühle, Madame."
Andreas Furler