On Body and Soul
Ildikó Enyedi, Ungarn, 2017o
Die introvertierte Maria ist neu für die Qualitäts-Kontrolle in einer Grossmetzgerei verantwortlich und geht den ArbeitskollegInnen mit ihrer unerbittlichen Pingeligkeit schnell auf die Nerven. Auf andere Art zugeknöpft ist ihr Vorgesetzter Endre. Als die beiden zu ihrer Verblüffung feststellen, dass sie Nacht für Nacht denselben seltsamen Traum träumen, kommen sie sich zögerlich näher.
Es sind zwei Beschädigte, die in dieser zarten Liebesgeschichte zusammenfinden, zwei Ungleiche in einem rauhen Umfeld: Endre (Géza Morcsányi), ein sanfter Mann um die Sechzig mit einem gelähmten Arm, arbeitet als kaufmännischer Direktor in einer ungarischen Schlachterei, die deutlich jüngere Maria (Alexandra Borbély) wirkt dort als neue Qualitäts-Kontrolleurin. Sie arbeitet, zum Befremden der Belegschaft, so präzis wie pedantisch. Zwar besitzt sie ein fotografisches Gedächtnis, doch die Zeichen zwischenmenschlicher Kommunikation sind Maria so fremd wie die Praxis der Liebe. Da entdecken die zwei per Zufall, dass sie Nacht für Nacht dasselbe träumen – als wilde Tiere, die sich im Wald begegnen. Ein Rätsel, das der Film nie rational auflöst, sondern mit seiner Traumlogik in der Schwebe belässt und neben die realistisch geschilderte Alltagswelt setzt. Visuell ist On Body and Soul berückend, zugleich kommen uns die Figuren durch feinen Humor nahe. Dafür hat die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi an der Berlinale 2017 den Goldenen Bären gewonnen und die Hauptdarstellerin den European Film Award.
Kathrin HalterEin tief berührender Liebesfilm mit wunderschönen Bildern ist das, aber nichts für Zartbesaitete: Die ungarische Regisseurin Ildiko Enyedi («Mein 20. Jahrhundert») zeigt schon mal in allen blutigen Details, wie einer Kuh der Kopf abgesägt wird. Dafür gabs 2017 in Berlin den Goldenen Bären und 2018 eine Oscarnomination für den besten fremdsprachigen Film.
Gregor Schenker