Drii Winter
Michael Koch, Deutschland, Schweiz, 2022o
In einem entlegenen Bergdorf, hoch in den Schweizer Alpen, wird die noch junge Liebe zwischen Anna und Marco auf die Probe gestellt. Anna ist im Dorf aufgewachsen und hat eine Tochter aus einer früheren Beziehung, während Marco als Aussenseiter ins Tal gekommen ist, um den Bauern bei der harten Arbeit an den steilen Hängen zu helfen. Zusammen erfahren sie das Glück einer neuen Liebe und einer kleinen Familie. Doch als Marco plötzlich die Kontrolle über seine Impulse verliert und sein Verhalten immer unberechenbarer wird, brechen alte Spannungen in der Dorfgemeinschaft wieder auf.
Das Kinojahr 2022 dauert noch etwas, dennoch wage ich die Prognose: Dies ist und bleibt der beste Schweizer Film dieses Jahres. Allerdings – das ist die Crux – erschliesst er sich nicht ganz leicht, weil er – dies macht seine Meisterschaft aus – praktisch nur aus Auslassungen besteht, in der Sprache der Kritik "Ellipsen" genannt. Er erzählt steinerweichend von einem wortkargen, vermeintlich tumben Fels von Mann, der in einem Berdorf eine zarte, eben erst aufkeimende Liebe erlebt, nach einer Tumor-Operation aber eine Persönlichkeitsveränderung erleidet und zum angeblichen Wüstling wird. Der vierzigjährige Schauspieler und Drehbuchautor Michael Koch, der 2016 schon mit dem Drama "Marija" eine starke Talentprobe als Regisseur vorlegte, zeigt uns in seinem zweiten langen Kinofilm von diesem stillen Drama nur so viel, beziehungsweise so wenig, dass wir die Bilder ständig im Kopf ergänzen müssen. Keine geringeren als die grossen Kinoasketen vom Schlage eines Robert Bresson oder Aki Kaurismäki standen Pate bei diesem Wurf, und Kunstheoretiker wie Umberto Eco oder der Kritikerpapst Marcel Reich-Ranicki, deren Ideal das offene, doppelbödige Kunstwerk war, hätten ihre helle Freude daran gehabt. Ihre supponierte Freude ist ganz mein, als "Note" (so deplaziert Noten in der Kunst eigentlich sind) kommt nur eine glatte 10 in Frage.
Andreas FurlerWas Liebe kann: Mit dem Spielfilm «Drii Winter» hat der Schweizer Michael Koch ein Meisterwerk geschaffen. Mit einem grossartigen Darstellerpaar, einer genialen Regie und Aussagen, die auch unser Leben, also Liebe, Partnerschaft, Krankheit, Sterben, mit Deutungen bereichern können.
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