Le mépris
Jean-Luc Godard, Frankreich, Italien, 1963o
Die junge Camille empfindet für ihren Ehemann Paul zunehmend Verachtung, als dieser sich einem amerikanischen Produzenten als Script-Doctor andient und Fritz Langs Odyssee-Film erfolgsträchtig umschreiben soll. Umgekehrt beobachtet Paul, wie der Amerikaner seiner Frau Avancen macht und was das bei allen drei auslöst.
Jean-Luc Godard, kurz JLG oder auch God genannt, hat sich in fast all seinen Filmen mit dem Medium Film auseinandergesetzt, in Le mépris mit seinen Entstehungsbedingungen. In der Cinecittà soll eine Neuauflage der Odyssee entstehen, Fritz Lang persönlich ist als Regisseur verpflichtet, doch der amerikanische Produzent (Jack Palance) ist unzufrieden und engagiert den Drehbuchautor Paul (Michel Piccoli) zur Überarbeitung des Stoffs. Dieser zögert, den Auftrag anzunehmen, weil seine Frau Camille (Brigitte Bardot) plötzlich verstimmt ist – ihn verachtet, wie sie sagt. Diese Verachtung (französisch: mépris) könnte damit zu tun haben, dass der Produzent Camille Avancen macht und Paul darauf scheinbar gleichgültig reagiert. Doch was genau geht hier vor? Camille ist oft ein launenhaftes Rätsel, ihr Mann unsensibel und begriffsstutzig. Oder ist alles nur ein Missverständnis? Die Dispute des Paars sind nicht frei von Längen und die Geschlechterbeziehungen dem Zeitgeist der frühen Sechziger unterworfen. Doch Godards Methode, den antiken Filmstoff mit der Paargeschichte zu verschränken, berührt immer noch, denn über allem liegt eine feine Melancholie. Das liegt auch an der elegischen Filmmusik von George Delerue und an den spektakulären Cinemascope-Aufnahmen von Capri. Spektakulär schön ist aber natürlich auch Brigitte Bardot. Während den Dreharbeiten sollen sich die Produzenten ähnlich verhalten haben wie der karikierte Geldgeber im Film: Ihr Hauptinteresse galt den Nacktszenen mit BB, worauf Godard die Männer vom Set verbannt haben soll. Der Mythenbildung um den Film hat das nicht geschadet.
Kathrin Halter