Signers Koffer
Peter Liechti, Schweiz, 1995o
Ein Roadmovie quer durch Europa mit dem Ostschweizer Künstler Roman Signer. Von den Schweizer Voralpen, wo Tabourettli aus den Fenstern eines Berghotels katapultiert werden, geht es per Trabi und andere seltsame Gefährte durch Appenzeller Hügellandschaften, nach Polen und auf einem fragilen Tischfloss übers Wasser. Auf Stromboli werden Raketen mit bunten Bändern über den Vulkan geschossen, in Island schützt ein Schnarchverstärker den einsamen Camper vor allfälligen Störefrieden. Der Porträtfilm kehrt Signers fröhliche Antiwissenschaft ebenso hervor wie seine selbstironische Melancholie.
Roman Signers Markenzeichen sind Aktionen, die von aussen absurd anmuten, im Moment ihrer Durchführung, der Performance, aber eine verblüffende Sinnhaftigkeit entfalten. Der Film verleiht dem Flüchtigen Dauer und verstärkt dank der Montage die hintersinnigen Überraschungseffekte. Selten hat man den Künstlerkauz Signer besser verstanden und heisser geliebt als in dieser kongenialen Huldigung. Unvergesslich etwa die fliegenden Tabourettli oder die simple 1.-August-Rakete, die Signer die Kappe vom Kopf reisst. Die Antiklimax-Passagen, in denen der campierende Signer beispielsweise hundertfach verstärkt in die isländische Nacht hinausschnarcht oder seine Fischerstiefel so lange mit Wasser füllt, dass er schlicht umfällt, sind die anrührenden Gegenstücke zu den ironischen Glanzlichtern: tragikomische Miniaturen über die menschliche Ungeschicklichkeit und Hinfälligkeit.
Andreas FurlerDas begeisternde Porträt dieses Clowns und Poeten lässt der Fantasie und der Provokation freien Lauf. Es erinnert die nationaler Selbstverachtung verfallenen Zeloten der Schwarzmalerei daran, dass der Surrealismus in der Schweiz, von Dada bis Tinguely, von Paul Klee bis Plonk & Replonk, springlebendig ist. (Auszug)
Antoine DuplanGalerieo





