Dällebach Kari
Kurt Früh, Schweiz, 1970o
Sommer 1931. Nachts auf der Aarebrücke machen zwei Berner Polizisten eine befremdliche Entdeckung: in einem Paar Schuhe, das am Geländer hängt, finden sie den Abschiedsbrief von Kari Dällebach, dem Coiffeur aus der Neuengasse. Der stadtbekannte Sprücheklopfer und Witzereisser hat sich umgebracht. Im Rückblick wird klar, wie vereinsamt Dällebach war, der seine Hasenscharte zeitlebens so wenig vergessen konnte wie den Verlust seiner Jugendliebe Annemarie.
Die einfühlsame Verkörperung des ebenso gewitzten wie verzweifelten Friseurs, dessen Hasenscharte und bescheidene Herkunft ihn um die Liebe zur bessergestellten Annemarie Geiger brachten, verschaffte Lüönd endgültig den Durchbruch. Karis Kniff, von der machtlosen Witzfigur zum bewunderten Witzbold zu werden, besingt Mani Matter prägnant in seinem Bänkellied, das den Film einrahmt. Die Symbolfigur des «Stromers», der Kari heimsucht, und die Art, wie Peter Arens leitmotivisch «Leichenreden» von Kurt Marti deklamiert, mögen heute etwas überholt anmuten, aber die zeitlosen Schwarz-Weiss-Bilder des Films und die Rückblenden-Konstruktion, die Karis Geschichte erst recht wie eine Moritat wirken lässt, überzeugen nach wie vor. (Auszug)
Michel BodmerGalerieo
Walo Lüönd ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Der Schweizer Schauspieler wurde durch seine Rollen in Dällenbach Kari und Die Schweizermacher bekannt.
Er sei am Dienstag in Untersiggenthal AG beigesetzt worden, teilte seine Familie mit. Lüönd starb am Sonntag, 17. Juni. Walo Lüönd war vor allem bekannt durch seine Hauptrollen in den Filmen Dällebach Kari und Die Schweizermacher (an der Seite von Emil Steinberger).
Walo Lüönd erlernte von 1942 bis 1946 das Handwerk des Herrenschneiders. Erste Auftritte hatte er ab 1949 am Schauspielhaus und beim Cabaret Fédéral in Zürich. Seit 1962 arbeitete er auch für Fernsehen und Film. Er war seit 1957 mit der Schauspielerin Eva-Maria Bendig verheiratet und hatte zwei Söhne. Berühmt wurde er aber vor allem in der Figur des Berner Stadtoriginals Dällebach Kari, den er 1970 verkörperte, und als griesgrämiger Schweizermacher an der Seite von Emil Steinberger.
Im Jahr 1973 wurde Lüönd mit dem Zürcher Filmpreis ausgezeichnet, im Jahr 2003 erhielt er den Ehren-Prix Walo für sein Lebenswerk. Am Freitag, 13. April, feierte Lüönd seinen 85. Geburtstag. Die letzten Lebensjahre verbrachte der gebürtige Zuger im Tessin. Seinen letzten Auftritt als Schauspieler hatte Lüönd 2010 in Der grosse Kater neben Bruno Ganz.
Emil Steinbergers Reaktion
Walo Lüönd werde im Kulturinventar der Schweiz fehlen, sagte Emil Steinberger über seinen verstorbenen Kollegen, mit dem er 1978 zusammen für Die Schweizermacher vor der Kamera stand. Lüönd starb am 17. Juni unerwartet im Beisein seiner Familie. Mit ihm zu drehen, sei ein Erlebnis gewesen, sagte Steinberger weiter. Walo Lüönd sei ein grossartiger Schauspieler gewesen, sowohl vor der Kamera als auch auf der Bühne. Nur schon die Stimme sei einzigartig gewesen: «Vom ersten Wort an sofort erkennbar.»
Er persönlich habe sehr gern mit Lüönd gearbeitet und erinnere sich gern an die Dreharbeiten zum Schweizermacher zurück, so Steinberger . Man habe sehr viel gelacht und dann wenige Sekunden später wieder den ernsten Beamten gemimt.
Ivo Kummer, der Chef der Sektion Film beim Bundesamt für Kultur (BAK), würdigte Lüönd als «einen der markantesten Köpfe des Schweizer Filmschaffens überhaupt.» Im Vergleich etwa zu Bruno Ganz sei Lüönd bisweilen unterschätzt und lediglich in der Kategorie Volksschauspieler beachtet worden, sagte Kummer.