Blaze
Ethan Hawke, USA, 2018o
"Blaze" erzählt die Geschichte von Blaze Foley, einem unbekannten Helden der Country-Musik der 60er- und 70er-Jahre. Dabei verwebt der Film drei verschiedene Zeitebenen: die Jahre von Foleys leidenschaftlicher Beziehung mit Sybil Rosen, die Nacht seines tragischen Todes und sein Nachleben in den Erinnerung von Fans, Freunden und Musiker-Kollegen.
Schauspieler Ethan Hawke hat bei «Blaze», der Filmbiografie über den Musiker Blaze Foley Regie geführt. Wir haben mit Hawke am Filmfestival Locarno gesprochen.
Zeitlebens wartete der Sing-Songwriter Blaze Foley auf den Erfolg, 1989 starb er in Texas, er wurde nicht einmal 40 Jahre alt. Weshalb dreht ausgerechnet Ethan Hawke eine Filmbiografie über diesen verzweifelten, alkoholsüchtigen Musiker?
Ein Grund ist vielleicht, dass ich mich noch immer ein wenig schuldig fühle, dass mein Leben so mühelos verlaufen ist. Gut, es gab Dinge in meinem privaten Leben, die sind schwierig gewesen. Aber wenn man meine künstlerischen Projekte nimmt, kann man sagen, dass sie ohne Mühen abgelaufen sind. Mit 18 trat ich in «Dead Poets’ Society» auf und war sogleich umgeben von talentierten Menschen, die mir beigebracht haben, was es heisst, Kunst mit Bedeutung und Substanz zu schaffen. Lese ich dann über eine Figur wie Blaze Foley, den ich für einen Dichter erster Ordnung halte, der es im Leben aber sehr schwer hatte, dann möchte ich etwas für ihn tun.
Auffällig in «Blaze» sind die vielen Dialoge, die so lebensecht daherkommen, dass man sicher sein kann: Da steckt sehr viel Arbeit dahinter.
Wenn es um Dialoge geht, dann habe ich eins gelernt: Gespräche, wie wir sie im echten Leben führen, sind immer ein Durcheinander. Die Rhythmen sind ungleichmässig, die Sätze überlappen sich. Ben Dickey und Charlie Sexton, die im Film Blaze Foley und dessen Kollegen Townes Van Zandt spielen, sind beide selbst Musiker und haben ein grossartiges Gespür dafür, wo sie Pausen setzen oder dem anderen ins Wort fallen müssen. Sobald sie das tun, nehmen die Dialoge Energie auf.
Sie haben auch bei «Before Midnight» an den Dialogen mitgeschrieben. Ist es das, was Sie als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur interessiert: Musikalität?
Eines meiner Lieblingszitate stammt von Mark Twain: Alle Kunst drängt darauf, Musik zu sein. Insofern stimmt das schon. Auch Schauspiel ist immer dann am besten, wenn es musikalisch wird. Schauen Sie sich Gérard Depardieu an, da erleben Sie eine Energie jenseits von Sprache.
Sie haben sogar einen Dokumentarfilm, «Seymour: An Introduction», über einen Klavierlehrer gedreht.
Ich frage mich auch, weshalb ich so besessen bin von Musikern. Auch in «Reality Bites» spiele ich einen. Ich glaube, es liegt daran, dass ich ein anderes Verhältnis habe zu Musik als zum Beruf des Schauspielers. Es bleibt meine erste Liebe, aber inzwischen ist die Schauspielerei auch einfach ein Job geworden, der meine Rechnungen zahlt. Mit Musik verbinde ich nichts davon, ich bin einfach Fan. Es ist eine reine Beziehung.
Blaze Foley bleibt ein unverstandener Musiker. Hatten Sie je das Gefühl, dass Kunst ein Geheimnis sei, das die einen knacken und andere nicht?
Eigentlich nie. Ich mag auch Künstler nicht, die so tun, als sei ihr Werk ein grosses Rätsel. Als Richard Linklater die Idee zu «Boyhood» vorstellte, sagte er: Wie wäre, es wenn man einen Film über zwölf Jahre dreht, eine Woche pro Jahr? Das könnte man doch machen! Von Regisseur Sidney Lumet gibt es das Buch «Making Movies», das ist auch sehr lehrreich, weil es erklärt, wie die Dinge auf dem Set funktionieren. Liest man dagegen das Kino-Buch von Robert Bresson, «Notes sur le cinématographe», denkt man: Das muss Magie sein sein, als Plebejer werde ich den tieferen Sinn des Kinos niemals verstehen können. Aber Sidney Lumet sagt: Es ist nicht schwierig. Es gibt dies, es gibt das, und ein grosses Geheimnis ist es nicht.
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