The Bra
Veit Helmer, Deutschland, Aserbaidschan, 2018o
Jeden Tag fährt Zugführer Nurlan mit seinem Zug durch die Vorstädte der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Diese sind so dicht besiedelt und bebaut, dass Nurlan oft Habseligkeiten der Bewohner von seinem Zug pflücken muss. Ausgerechnet an seinem letzten Arbeitstag ist darunter ein schöner BH, den der alte Einzelgänger unbedingt seiner Besitzerin zurückgeben will. Am nächsten Tag macht er sich also auf die Suche, doch keinem der Dienstmädchen und keiner der Hausfrauen, die er trifft, scheint der Büstenhalter zu passen.
In der Stadt Baku am kaspischen Meer führt eine Bahnlinie mitten durch Wohnquartiere; Güterzüge mit rostigen Lokomotiven aus der Sowjetzeit fahren haarscharf an bröckelnden Mauern, zitternden Teetischen und Wäscheleinen vorbei. Der Deutsche Veit Helmer (Tuvalu) hat dieses Kuriosum für die Geschichte eines Lokführer genutzt, der mitgerissene Habseligkeiten stets pflichtbewusst retourniert und auch die Besitzerin eines aufgegabelten Büstenhalters ausfindig machen will. Die Hauptpointe dabei: Der Film kommt ohne Worte aus und setzt ganz auf die Sinnlichkeit der Bilder und Geräusche. Stellenweise strapaziert Helmer dieses Prinzip und kostet die exotische Szenerie aus; mit der BH-Recherche seines Protagonisten aber schafft er, frei von Anzüglichkeiten, ein charmantes Schelmenstück auf den Spuren eines Jacques Tati oder seines kaukasischen Nachbarn Otar Iosseliani. Eine schöne kleine Überraschung.
Andreas Furler