Demain
Mélanie Laurent, Cyril Dion, Frankreich, 2015o
Was, wenn es eine Formel gäbe, die Welt zu retten? Was, wenn jeder von uns dazu einen Beitrag leisten könnte? Die Schauspielerin Mélanie Laurent und der französische Aktivist Cyril Dion sind nicht daran interessiert, Katastrophenszenarien zu verbreiten, sondern interessieren sich für konkrete Lösungen. Sie machen sich auf den Weg, um mit Experten zu sprechen, besuchen weltweit Projekte und Initiativen, die alternative ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen verfolgen.
Müll trennen ist eine gute Sache, als besonders hip gilt es nicht. Im Film der Schauspielerin Mélanie Laurent und des Aktivisten Cyril Dion ist das anders. Sie suchen weltweit nach Lösungen, den Klimawandel zu stoppen, und schaffen es tatsächlich, die diversen Ideen ziemlich gut aussehen zu lassen. Vielleicht wird Grün ja wirklich das neue Schwarz? In Frankreich jedenfalls haben schon mehr als 800 000 Zuschauer den Film gesehen.
Martina KnobenEt pourtant, la grande pertinence de Demain, c’est de démontrer que toutes ces initiatives ont un point commun : privilégier le petit, le local et l’investissement des citoyens plutôt que leur assentiment passif.
Arnaud GonzagueLe puzzle éclaté des milliers d'initiatives prend forme et permet de croire que c'est possible. Et puis il y a les « héros » : pas de bon documentaire sans bons personnages. Parmi eux, le Britannique Rob Hopkins impose son humour et son esprit aussi incisif que constructif.
Weronika ZarachowiczGalerieo







Ohnmacht ist ein widerwärtiges Gefühl. Doch Ohnmacht überkam den französischen Umweltaktivisten Cyril Dion, als er 2012 in der Zeitschrift «Nature» einen Bericht der Wissenschaftler Anthony Barnosky und Elizabeth Hadly las. Sie folgerten, dass unsere Ökosysteme bis 2100 zusammenbrechen werden, wenn wir unsere Gewohnheiten nicht ändern. Dion, der kurz zuvor ein Burn-out erlitten hatte, beschloss, seine Ohnmacht zu überwinden und einen Film zu drehen, der angesichts der drohenden Katastrophe auch Lösungsmöglichkeiten zeigte. Für das Projekt konnte er die Schauspielerin Mélanie Laurent gewinnen, die unsereiner aus Tarantinos «Inglourious Basterds» kennt. Dank Crowdfunding kam das nötige Geld erstaunlich schnell zusammen, und so reisten Laurent und Dion in zehn Länder und filmten Menschen, die nach kreativen Alternativen suchen.
So was könnte zu Ökokitsch verkommen, und mitunter geschieht das auch: Gar säuselig sind die Songs von Fredrika Stahl, und all die niedlichen Entchen hätte es nicht gebraucht. Aber gemessen am Ganzen sind die Ausrutscher zu vernachlässigen. Viel wichtiger ist, was Dion und Laurent gelingt: Sie zeigen Menschen, die angesichts der Umstände nicht resignieren, sondern handeln in den Bereichen Landwirtschaft, Energie, Wirtschaft, Politik und Bildung.
Da sieht man zum Beispiel Leute, die in der Stadt Detroit, deren Wirtschaft mit der Autoindustrie zusammengekracht ist, auf Brachen Gemüse anbauen. «Urban agriculture» heisst das und hat, wie einer der Pioniere erklärt, nichts mit Romantik zu tun, sondern schlicht mit Überleben. «Wo Nationen versagen, müssen die Städte übernehmen», sagt der Stellvertretende Bürgermeister von Kopenhagen. Dort hat man viel Geld in Fernwärme investiert, was bei den Bürgern zunächst auf Widerstand stiess – aber unterdessen kostet diese das Heizen ein Drittel dessen, was sie früher bezahlt haben. Und viele haben sich als Aktionäre an den Windparks vor der Küste beteiligt.
Sehr interessant ist auch das Beispiel von Parallelwährungen, wie sie in England Rob Hopkins, ein Mann mit spektakulären Segelohren und einem grossartigen Sinn für Humor, vorantreibt: In Totnes wurde eine eigene Währung geschaffen, das Totnes-Pound, das von zahlreichen Händlern der Stadt angenommen wird und erlaubt, den Wohlstand zu verlagern. Solche Parallelwährungen haben den Vorteil, dass man damit nicht spekulieren kann. Ähnlich verfährt auch die Schweizer WIR-Bank, deren Sprecher Hervé Dubois im Film zu Wort kommt. An ihr sind mittlerweile über 60?000 KMU beteiligt, die Zahlungen mit WIR-Geld abwickeln.
Nun kann man einwenden, dass diese Initiativen angesichts globaler Probleme wie der Klimaerwärmung Pipifax sind. Und in wenigen Wochen wird in der Badi Oberer Letten und anderen Erholungszonen der Rasen wieder von Wegwerfgrills verbrannt und so mit Zigarettenkippen und Kronkorken übersät sein, dass man jeglichen Glauben daran verliert, dass die Menschheit lernen könnte, die eigene Welt nicht zu zerstören. Andererseits ist «Tomorrow» im alles andere als ökologisch bewussten Frankreich und in der Romandie zu einem echten Publikumserfolg geworden. Vielleicht knipst der Film in der einen oder anderen Hirnbüchse ja tatsächlich ein Lichtlein an.