Springsteen: Deliver Me from Nowhere
Scott Cooper, USA, 2025o
Nach der Tournee mit seinem Album The River kehrt Bruce Springsteen 1981 als gefeierter Rockstar in seine Heimatstadt in New Jersey zurück, wo er in der lokalen Bar abrockt, mit einer Kellnerin anbändelt und sich in sein Haus im Wald zurückzieht, weil ihn der Ruhm zu erdrücken beginnt, Kindheitstraumata hochkommen und er nicht weiss, wie's weitergehen soll im Leben und mit der Musik. Mit einem Amateurgeräten nimmt schliesslich gegen den Widerstand der Rockindustrie das Album Nebraska auf, in dem er sich auf seine Wurzeln besinnt.
Scott Coopers Biopic über die Entstehung von Bruce Springsteens stillstem Album, Nebraska (1982), will die vorhergehende Sinn- und Schaffenskrise des Musikers als klassisches Künstlerdrama erzählen und gerät dabei ins Stocken. Jeremy Allen White gibt den Working Class Hero aus dem Holzhäuschen in New Jersey, der nach drei Hitalben in Serie und der triumphalen Tournee mit The River zwischen Sportwagen, Vatertrauma, einer Liebelei und den Forderungen des Rockgeschäfts laviert, während er in seinem Haus am See aus der latenten Depression die düsteren akustischen Balladen von Nebraska erbrütet. Was als Meditation über Melancholie und Inspiration gedacht ist, bleibt in konventionellen Rückblenden und mageren Subplots stecken. Die Nebenfiguren sind Stichwortgeber, der innere Konflikt wird lehrbuchartig ausbuchstabiert. Nur im Ringen um das rohe Demo-Tape von Nebraska blitzt die Kraft auf, die Springsteen aus der Stille zog. Deliver Me from Nowhere bleibt ein Biopic, das die Leere vor dem kreativen Exploit einkreist, doch höchstens ansatzweise begreift.
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Andreas FurlerEmpfehlungeno
Und wieder ein Biopic, wieder über einen Rockstar: Die Handwerker des Universal-Studios zeigen sich zwar bemüht, aber überfordert mit der Darstellung der persönlichen und künstlerischen Krise, aus der heraus Bruce Springsteen 1982 sein intimes Meisterwerk Nebraska schuf. Dennoch hat der Rückblick in die goldene Ära der Schallplattenindustrie seinen Reiz.
Seit die Digitalisierung Fantasy, Science-Fiction und Actionthriller zu den kommerziellen Königsdisziplinen gemacht hat und Streamingserien die besten Talente absorbieren, fristet das klassische Drama in Hollywood ein Schattendasein. Seine letzte lukrative Bastion ist das Biopic. Damit die Studios ihrer Urmission, dem Geldverdienen, auch in diesem, ihrem Urgenre weiterhin nachkommen, nehmen sie sich im Verbund mit der Musikindustrie nun einen Rockstar nach dem anderen vor.
Bad Boys & Girls wie Bob Dylan (A Complete Unknown), Robbie Williams (Better Man) oder Amy Winehouse (Back to Black) sind dabei ihre Favoriten, Paradiesvögel wie Freddie Mercury (Bohemian Rhapsody) oder Elton John (Rocketman) willkommene Zugaben, weil schwierige und schrille Charaktere dramatisch einfach mehr hergeben. Was aber fängt man mit einem soliden Working Class Hero wie Bruce Springsteen an, der seit fünfzig Jahren verlässliche Wertarbeit zwischen Stadionrock und akustischer Introspektion liefert und ansonsten ein bemerkenswert unspektakuläres Leben führt?
Universal Pictures glaubte, die Lösung gefunden zu haben, indem das Studio die Rechte an Warren Zanes’ Sachbuch Deliver Me from Nowhere erwarb, das sich ganz auf die Entstehung von Springsteens leisestem und düsterstem Album Nebraska konzentriert. Wir treffen den Musiker am Ende seiner triumphalen River-Tour 1981 in seiner Heimatstadt in New Jersey, wo er sich einen standesgemässen Chevrolet Camaro zulegt, in seiner Stammkneipe mit alten Kumpels abrockt, zögerlich mit einer Kellnerin und alleinerziehenden Mutter anbändelt – und musikalisch nicht recht weiterweiss.
Erste Songs für das künftige Hit-Albums Born in the U.S.A. (1984) sind schon skizziert, doch dunklere Themen drängen sich in den Vordergrund: Kindheitserinnerungen an einen dumpfen, zu Alkohol und Gewalt neigenden Vater, dann all jene Gestrandeten und Verlorenen aus der amerikanischen Arbeiterklasse – Säufer, Raser, Dealer, die bisweilen auch zufällige Raubmörder oder verstörende Amokläufer werden. Springsteen zieht sich in sein Haus am See zurück, sinniert, starrt in die Landschaft und leitmotivisch ins Leere. Schliesslich beginnt er mit Amateurgeräten jene legendären Bedroom Sessions, aus denen der rohe Sound von Nebraska hervorgehen wird.
Genau hier liegt das Problem: Der Szenarist und Regisseur Scott Cooper, der vor sechzehn Jahren mit Crazy Heart und einem Jeff Bridges in Hochform schon einmal einen stimmigen Musikfilm schuf und seither bis auf den Western Hostiles wenig Nennenswertes vorgelegt hat, ist mit diesem Erbrüten eines künstlerischen Durchbruchs aus der persönlichen Krise überfordert. Im Stil eines Schüleraufsatzes über den schöpferischen Prozess zeigt er am Beispiel des Titelsongs, wie Springsteen über Terrence Malicks Film Badlands und alte Zeitungsartikel auf den historischen Serienmörder Charles Starkweather stösst, der 1957 mit seiner vierzehnjährigen Freundin eine Blutspur durch Wyoming und Nebraska zog. Wir schauen zu, wie Springsteen beim Schreiben „er“ durch „ich“ ersetzt – und sich damit in den Serial Killer versetzt. Prompt folgt etwas später die Rückblende, wie klein’ Bruce seinem Vater die ewige Tyrannei mit einem Baseballschläger heimzuzahlen versucht: Psychologisch nachvollziehbar, gewiss, als Herleitung eines Ausnahmetalents jedoch so unbeholfen wie naiv.
Das Detail steht fürs Ganze. Die Nebenfiguren des Films bleiben Stichwortgeber, ihre Handlungsäste dürre Zweiglein, die sich, entgegen dem Titel, folgenlos im Nirgendwo verlieren: Die monochronen Kindheitsvignetten repetieren monoton das Vaterdrama, die Mutterfigur wird gar nicht erst entwickelt, die Liebesgeschichte bleibt Liebelei. Als Springsteens bester Freund – eine weitere Figur ohne Konturen – ihn in seiner neue Villa in L.A. abliefert, will er im letzten Moment noch etwas sagen und tut’s dann doch nicht. Und wenn der zerquälte Star endlich einen Psychologen aufsucht, muss sich der Hauptdarsteller Jeremy Allen White in einem wortlosen Kraftakt zum Weinen durcharbeiten – weil ihm das Drehbuch schlicht kein spielbares Material an die Hand gibt.
Ganz für die Katz’ ist der Film dennoch nicht. Das Ringen um die Beibehaltung des rohen Nebraska-Sounds und die Priorisierung dieses vermeintlich unkommerziellen Albums vor der nachfolgende Hitmaschine Born in the U.S.A., liefern eine Reihe plastischer Szenen, in denen Springsteen und sein Manager John Landau mit den Tontechnikern an der Verbesserung und gegen die Verhunzung des Amateur-Tapes aus dem Schlafzimmer tüfteln. Das Tauziehen mit den Columbia-Managern, deren PR-Maschinerie aus Künstlern Markenartikel macht, weckt zudem die Hoffnung, dass sich einer bisweilen erfolgreich gegen die Standardisierung wehrt.
Selbst ein Ausnahmeschauspieler wie Jeremy Strong aber – unvergesslich als der tragische unter den wohlstandverwahrlosten Sprösslingen in Succession und fulminant als der Manipulator Roy Cohn im Anti-Trump-Biopic The Apprentice, bleibt als Springsteens Manager Landau ungewohnt blass: ein loyaler Freund und kluge Ratgeber ohne eigenes Drama. Im Leben mag so jemand Gold wert sein, im Kino ist er eine fade Figur.
Deliver Me from Nowhere will zeigen, was genuines Künstlertum ausmacht, will sagen: wie sich einer dieser Begnadeten Kraft seiner Eingebungen und Ausdauer am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht und welchen Preis er für diese Daseinsform zahlt. Doch der Film ergründet diesen vielschichtigen Prozess nicht, sondern illustriert ihn nur. Vielleicht, das sei ihm zugutegehalten, weil man ihn nie ganz begreifen kann.
Et voilà un nouveau biopic, consacré une fois de plus à une rockstar: les artisans des studios Universal essaient avec peine, mais échouent à restituer la crise personnelle et artistique au terme de laquelle Bruce Springsteen, en 1982, créa son chef-d'œuvre aux accents intimes, Nebraska. Ce retour vers l'âge d’or de l’industrie du disque n’est pas pour autant dénué de charme.
Depuis que le passage au numérique a fait de la fantasy, de la science-fiction et du film d’action les genres les plus rentables, et que les séries attirent de plus en plus d’artistes talentueux, le drame classique a été poussé dans les marges d’Hollywood. Le biopic est son dernier bastion commercial. Pour rester fidèles à leur mission première – faire de l’argent – les studios, en complicité avec l’industrie musicale, s’attaquent désormais à une rockstar après l’autre.
Les «bad boys & girls» comme Bob Dylan (A Complete Unknown), Robbie Williams (Better Man) ou Amy Winehouse (Back to Black) sont leurs favoris. Des artistes excentriques comme Freddie Mercury (Bohemian Rhapsody) ou Elton John (Rocketman) sont des ajouts bienvenus: les personnalités complexes et flamboyantes offrent naturellement une ample matière dramatique. Mais que faire d’une figure de la classe ouvrière aussi droite dans ses bottes que Bruce Springsteen? Le compositeur et chanteur créé depuis cinquante ans une œuvre d’une qualité remarquablement constante, entre rock pour arènes et introspection acoustique, tout en menant une vie remarquablement peu spectaculaire.
Universal Pictures pensait avoir trouvé la solution en acquérant les droits du livre de Warren Zanes, Deliver Me from Nowhere, centré entièrement sur la genèse de Nebraska, l’album le plus sobre et le plus sombre de Springsteen. On y retrouve le musicien à la fin de sa triomphale tournée promotionnelle de The River en 1981. De retour dans sa ville natale du New Jersey, il s’achète une Chevrolet Camaro, fait la fête avec ses vieux copains dans le bar qui l’a vu grandir, noue une liaison passagère avec une serveuse et mère célibataire – et plonge dans une crise artistique.
Certains morceaux qui composeront l’album à succès Born in the U.S.A. (1984) sont déjà esquissés, mais des thèmes plus sombres prennent le dessus: souvenirs d’enfance d’un père renfermé, porté sur l’alcool et la violence; passage en revue des épaves de la classe ouvrière américaine – ivrognes, fous du volant, dealers, voire même tueurs ou tireurs fous. Springsteen se retire dans sa maison au bord d’un lac, médite, contemple le paysage – et de façon récurrente, le vide. C’est là qu’il commence, avec du matériel amateur, les légendaires «bedroom sessions» qui donneront naissance au son brut de Nebraska.
C’est précisément là que le bât blesse: le scénariste et réalisateur Scott Cooper – qui avait su livrer un film musical inspiré il y a seize ans avec Crazy Heart, porté par un Jeff Bridges en grande forme, mais n’a rien réalisé de notable depuis, hormis le western Hostiles – est dépassé par l’ampleur de la tâche: représenter la gestation d’un sommet artistique issu d’une crise personnelle. À la manière d’une dissertation scolaire sur le processus créatif, il montre, à partir de l’exemple de la chanson-titre de l’album Nebraska, comment Springsteen a découvert le tueur en série Charles Starkweather – qui, en 1957, parcourut le Wyoming et le Nebraska en semant la mort avec sa petite amie de quatorze ans – à travers la vision du film Badlands de Terrence Malick et la lecture d’anciens articles de presse. On assiste alors à un moment d’«inspiration» où Springsteen remplace «il» par «je» dans ses paroles, s’identifiant ainsi au tueur. Suit aussitôt un flashback où le petit Bruce tente de se venger de la tyrannie paternelle à coups de batte de baseball. Tout cela paraît certes compréhensible d’un point de vue psychologique, mais bien maladroit et naïf en tant qu'explication de l’origine d’un talent d’exception.
Ce détail est à l’image de l’ensemble. Les personnages secondaires ne sont que des faire-valoir, tandis que les intrigues parallèles décrivent des lignes de fuite qui, à l’encontre de la prière exprimée dans le titre du film, se perdent vite dans le néant. Les scènes de l’enfance de Springsteen ressassent sans nuance les mêmes traumatismes liés au père; la figure maternelle en est d’ailleurs totalement absente. Quant à la romance esquissée, elle ne dépasse pas le stade de la bluette. Lorsque le meilleur ami de Springsteen – encore un personnage sans relief – le conduit dans sa nouvelle villa à L.A., il veut lui dire quelque chose au dernier moment… mais y renonce. Et quand la star tourmentée consulte enfin un psychologue, l’acteur principal Jeremy Allen White doit lutter silencieusement pour tirer quelques larmes de ses paupières. Le scénario ne lui donne tout simplement rien de consistant à jouer.
Le film n’est pourtant pas totalement raté. La lutte pour conserver le son brut de Nebraska – et sortir cet album réputé non commercial avant la machine à tubes Born in the U.S.A. – donne lieu à quelques scènes saisissantes, dans lesquelles Springsteen et son manager John Landau s’évertuent à améliorer, sans pour autant le dénaturer, l’enregistrement amateur réalisé dans la chambre. Le bras de fer avec les dirigeants de Columbia, dont la machine de communication transforme les artistes en produits de marque, nourrit aussi l’espoir qu’une vedette puisse, parfois, résister à la standardisation.
Même un acteur d’exception comme Jeremy Strong – inoubliable en figure tragique dans la série Succession et époustouflant dans le rôle du manipulateur Roy Cohn dans le biopic anti-Trump The Apprentice – se révèle étonnamment terne dans le rôle du manager: cet ami fidèle et conseiller avisé n’a aucun drame personne à offrir. Dans la vie, ce genre de personne vaut de l’or; au cinéma, il menace d’être gagné par la fadeur.
Deliver Me from Nowhere cherche à montrer ce qui caractérise le véritable talent artistique. À savoir: comment un élu, grâce à son inspiration et sa persévérance, parvient à s’extraire de la boue par ses propres moyens – et quel prix il paie pour cette existence. Mais le film ne fait que tourner autour de ce processus complexe, sans jamais vraiment l’explorer en profondeur. On reconnaîtra, à sa décharge, qu’il est peut-être tout simplement impossible de le saisir totalement.