The Life of Chuck
Mike Flanagan, USA, 2025o
Mitten in einer Reihe apokalyptischer Ereignisse erscheint ein unscheinbarer amerikanischer Buchhalter namens Chuck weltweit auf Plakatwänden und Bildschirmen und wird für seine langjährigen Dienste an der Menschheit verdankt. Wer ist dieser Typ? Das Rätsel führt rückwärts durch das Leben und die Kindheit von Chuck und wirft am Ende eine Frage auf: Kann das Schicksal eines Einzelnen die ganze Welt verändern? – Nach der gleichnamigen Erzählung von Stephen King.
Ambitionierte amerikanische Filme sind mittlerweile so selten, dass man einen wie diesen, die neueste Stephen-King-Verfilmung, keinesfalls links liegen lassen sollte. Zur Entwarnung: King tritt hier nicht als König des amerikanischen Horrors in Erscheinung, sondern als Schriftsteller, der mit zunehmendem Alter philosophischer geworden ist und sich Abstecher wie diese Novelle mit umgekehrter Chronologie erlaubt. Trotz einer literarischen Off-Erzählung beginnt der Film richtig stark, mit einem Lehrer und seiner Ex-Frau, die mit dem Ende der Welt konfrontiert sind. Fast noch erstaunlicher ist dabei, dass gleichzeitig einem gewisser Chuck auf Plakaten und Bildschirmen weltweit für vier Jahrzehnte treuer Dienste verdankt wird. Erst im zweiten Teil lernen wir den besagten Mann (Tom Hiddleston) kennen, einen bescheidenen Buchhalter, der nun vor einem Strassentheater stehen bleibt, um unversehens eine eindrückliche Tanzimprovisation hinzulegen. Zuletzt (und um alles zusammenzufügen) sehen wir Chucks Kindheit bei seinen Grosseltern, ein Hin und Her zwischen Tanz und Zahlen in einem viktorianischen Haus mit einem verbotenen Turmzimmer ... Auch wenn es sich am Ende somit um Fantasy handelt, münden die kindlichen Ängste und der King'sche Trauertenor diesmal in einen versöhnlichen, geradezu feel-good-artigen Ton. Inspiriert von einem Gedicht von Walt Whitman, beschäftigt sich King mit der grossen Frage nach unserem Platz im Universum und der Rolle der Fantasie. Der Regisseur Mike Flanagan, bereits für die Adaption der späten Shining-Fortsetzung Doctor Sleep verantwortlich, schlägt sich dabei ziemlich gut. Auch wenn der Film etwas clean anmutet und die Handlung weit hergeholt ist: Sein Einfallsreichtum und seine Emotionalität bestechen.
Norbert Creutz