Maria do Mar
José Leitão de Barros, Portugal, 1930o
Maria do mar wurde vom portugiesischen Kinopionier José Leitão de Barros mit dem Vorsatz gemacht, einen ‹dramatisierten Dokumentarfilm› über das Leben im Fischerdorf Nazaré zu drehen. Er war ein Zeitgenosse Flahertys und ein Vorläufer des Neorealismus – tatsächlich erinnert das zentrale Sujet an Viscontis Fischerdrama La terra trema (1948). Als narrativer Aufhänger dient eine Romeo-und-Julia-Geschichte: Die Liebesbeziehung der Kinder zweier Familien, die verfeindet sind, seitdem bei einem Schiffbruch ein Teil der Besatzung und der Vater des jungen Mannes umkamen. Aber die wahre Stärke des Films liegt in seiner eindringlichen Bildsprache: von den Nahaufnahmen der gegerbten Gesichter der Laiendarsteller:innen zu den beeindruckenden Kompositionen, mit denen die Vorahnung des Todes – das Dorf als ein Reich voller schwarz gekleideter Witwen – oder die Wildheit des Meeres beschworen werden.