La corruzione
Mauro Bolognini, Frankreich, Italien, 1963o
Stefano is a shy and sensitive teenager who has just completed his studies in Switzerland and is considering becoming a monk. But his father, a rich Milanese publisher, who had the ambition to see his son succeed him, refuses and takes him on a cruise with a young woman to take this idea out of his mind...
Stefano (Jacques Perrin) schliesst grade das Internat ab und hört, zusammen mit seinen Kommilitonen, die alle aus bürgerlichem Hause sind, den letzten Ermahnungen des Schuldirektors zu: Man solle von nun an ein moralisch gutes Leben führen, das sei schliesslich der Kern der Zivilisation. Alle stürmen in die Ferien und freuen sich schon auf die Abenteuer junger Männer, die für solche Ermahnungen nur Spott übrighaben. Auch Stefano kehrt zu seinem Vater (Alain Cuny), einem Mailänder Verlagsbesitzer mit fünfhundert Angestellten, heim. Doch was er ihm verkündet, trifft den Vater ebenso überraschend wie unangenehm. Stefano will vom Geldverdienen und materialistisch-hedonistischem Lebensstil anderer nichts wissen, sondern Priester werden. Dem skrupellosen Vater, als Soldaten, oder besser Offizier des Wirtschaftswunders reisst schon bald der Geduldsfade, und er unternimmt alles, um das Söhnchen auf die richtige – sprich: schiefe – Bahn zu lenken. Er organisiert einen Ausflug auf seiner privaten Luxusjacht, samt einer Verführerin (Rosanna Schiaffino), der Stefano tatsächlich für eine Nacht verfällt. Doch alles nützt nichts. Je mehr der Vater seinem Sohn die Vorzüge seiner Ideologie, die vor allem aus Pragmatismus besteht, unter die Nase reibt, desto stärker tritt deren Verlogenheit, seine eigene Korruption und jene des Zeitgeistes hervor. Auch wenn die Konstellationen dabei bisweilen voraussehbar und die moralischen Gegensätze schematisch aufgereiht sind: Veraltet ist dieses Drama von Mauro Bolognini so wenig wie sein grosser Klassiker Il bell'Antonio. Heutzutage würde man einem Jungen, dessen oberstes Ziel ein tugendhaftes Leben ist, wohl erst recht als Kuriosum ansehen. Wenn nicht gar als Spinner, oder?
Till Brockmann