We Live in Time
John Crowley, GB, 2024o
Jede Minute ist wertvoll. Almut und Tobias begegnen sich in einem völlig unerwarteten Moment ihres Lebens, der den Auftakt ihrer gemeinsamen Geschichte bildet: der Zauber des Kennenlernens, wie sie eine Familie gründen und als Paar ihre Zukunft planen. Doch ihre Beziehung wird überschattet von einer Nachricht, die beide auf eine harte Probe stellt.
Ist es heute noch möglich, einen romantischen Film zu drehen? Nach der Aufdeckung so vieler Missbrauchsfälle in der Vergangenheit und angesichts so vieler Sorgen um die Zukunft stellt sich die Frage. Glücklicherweise gibt es immer wieder Menschen, die es versuchen, so wie die Briten Nick Payne (Drehbuch) und John Crowley (Regie) mit ihrem liebenswerten We Live in Time. Der Titel verrät die Besonderheit des Films: eine Liebesgeschichte ohne Gewalt oder Entlieben, die jedoch in einer gewissen chronologischen Unordnung erzählt wird. Sie beginnt mit dem morgendlichen Aufwachen eines Paares auf dem Land, geht weiter mit ihrem Leben als Singles in der Stadt, gefolgt von Szenen, in denen sie auf ein Kind warten. Bald darauf folgt die buchstäblich zufällige Begegnung der beiden, dann die Nachricht von einer schweren Krankheit. Was zunächst mysteriös erscheint, ist gar nicht so mysteriös, ausser dass die Zeit an sich das grosse Geheimnis bleibt, das auf diese Weise in den Vordergrund gerückt wird. Ansonsten wäre die Begegnung zwischen der Köchin Almut und dem Marketingmitarbeiter Tobias zum Heulen banal, wären da nicht der unbestreitbare Charme von Florence Pugh und Andrew Garfield und die Chemie zwischen den beiden. Trotz des konventionellen Hintergrunds und der Manie, alles mit Witzen auszuschmücken, schlägt sich der Film dank der beiden gut. Abgesehen von seiner kleinen erzählerischen Gymnastik schafft es der Regisseur von Brooklyn und The Goldfinch zudem, viele der vom Klischee bedrohten Szenen bewegend zu gestalten und sogar die Spannung bis zum Schluss durchzuhalten. Auch wenn die Liebe nicht als Antwort auf alles erscheint, bleibt sie doch eine schöne Inspirationsquelle.
Norbert Creutz