Bob Marley: One Love
Reinaldo Marcus Green, USA, 2024o
Bob Marley ist noch immer ein Gigant der Popkultur. Seine Songs „No Woman, No Cry“, „Is This Love“ und viele weitere gehören auch über 40 Jahre nach seinem Tod zu den meistgespielten Liedern der Welt. Doch Bob Marley ist viel mehr als ein Reggae-Musiker. Zum ersten Mal erzählt ein Kinospielfilm nun seine Geschichte und feiert das Leben und die revolutionäre Musik Marleys, mit der er die Welt begeisterte – und dafür einen hohen Preis bezahlte.
Der biographische Spielfilm über die Reggea-Ikone überspringt Bob Marleys Kindheit und setzt 1976 ein, als der Musiker ein Friedenkonzert in seiner jamaikanischen Heimat vorbereitete, um Gewalt und Aufruhr im Vorfeld von Präsidentschaftswahlen einzudämmen. Marley und seine Frau Rita wurden jedoch selbst Opfer der Konflikte und aus ungeklärten politischen Motiven wenige Tage vor dem Konzert angeschossen: Marley sang nur ein Lied und siedelte danach nach London über, wo seine Kult-LP "Exodus" entstand. Dem Film gelingt es gut, eine Vielzahl von Marleys klassischen Songs – die dank moderner Kinosoundtechnik wohl selten eindrücklicher klangen – organisch in die Handlung einzubinden und ihren privaten oder ideologischen Hintergrund aufzudecken. Anderes wird in dieser 70-Millionen-Dollar-Produktion kindlich plakativ dargestellt. Bob Marley (Kingsley Ben-Adir) erscheint als guter Familienmensch und fast kratzerloser Botschafter der Liebe und des Friedens mit beinahe messianischem Charakter. Die zugrundeliegende Religion der Rastafari wird nie hinterfragt und die unzähligen ausserehelichen und kindergesegneten Affären des Stars kommen gar nicht vor. Selbst historische Tatsachen werden erbauenden Gefühlen geopfert: Marley steht im Film an Ort des Attentatsversuchs Jahre später dem Täter nochmals gegenüber und versichert lächelnd, keinen Hass gegen ihn zu hegen. In Wirklichkeit wurde dieser verurteilt und hingerichtet.
Till Brockmann