Bergfahrt
Dominique Margot, Schweiz, 2024o
In den Bergen, einst Sitz von Göttern und Dämonen, spiegeln sich aktuell die Veränderungen unserer Zivilisation. Gletscher schmelzen, Gipfel bröckeln. Aber nach Jahren des Massentourismus und der Ausbeutung findet in Bezug auf die Alpen ein Umdenken statt. Die Schweizer Regisseurin Dominique Margot porträtiert Forscher:innen, Künstler:innen und Bergsteiger:innen, die sich auf neue, unbekannte Weisen mit dem Gebirge auseinandersetzen.
Die Berge, genauer: die der Alpen sind Erholungsgebiet, Naturspektakel, Forschungsgegenstand, Ort sportlicher Selbstbestätigung oder auch spiritueller Suche. Und für uns Schweizer:innen auf jeden Fall auch Teil unserer Kultur und somit identitätsstiftend. Dokumentarfilme darüber gibt es viele, doch dieser der Zürcherin Dominique Margot ist erfrischend anders: Weil er der Vielfältigkeit der genannten Themen Rechnung trägt, ohne je belehrend zu sein. Weil er darauf verzichtet, einen Mythos zu bedienen oder mit übermächtigen Naturaufnahmen Verklärung zu schaffen. Thematische Dauerbrenner (Ökologie, Gletscherschmelze, Tourismus) und bekannte Alpen-Klischees kommen zwar vor, aber in einer gewitzten dialektischen Abfolge (Schnitt: Christof Schertenleib): Auf einen Geomanten, der eigenwillige Einsichten wie "Berge sind Wesen, die eine kosmische Heilungsintelligenz haben" liefert, folgt etwa eine wunderbar nüchterne Biologin, die uns versichert, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, die Alpenflora werde schon überleben, das mache die schon seit Millionen von Jahren, oder ein österreichischer Betreiber von Bergbahnen, der einfach über sein Geschäft redet. Was will uns dieser Film also sagen? Vieles und Gegensätzliches. Und das ist gut so.
Till Brockmann