Retour en Alexandrie
Tamer Ruggli, Schweiz, Ägypten, Frankreich, 2023o
Nach über zwanzig Jahren kehrt Sue in ihre Heimat Ägypten zurück. Dort trifft sie auf ihre Mutter Fairouz, eine exzentrische Aristokratin, von der sie sich entfremdet hat. Es ist eine Reise voller Überraschungen, die sie von Kairo zurück nach Alexandria führt und die von fernen Erinnerungen, Nostalgie und gemischten Gefühlen gegenüber ihrer Vergangenheit geprägt ist. Sue kommt nicht nur ihrer Mutter wieder näher, sondern auch sich selbst.
Der schweizerisch-ägyptische Regisseur Tamer Ruggli hat bei seinem ersten Kinofilm einen Besetzungscoup gelandet. Die Hauptrollen spielen die französische Grande Dame Fanny Ardant und die souverän auftretende Libanesin Nadine Labaki, die man von Strassenkinder-Drama Caphernaüm auch als Regisseurin kennt. Letztere kehrt als Tochter Ersterer nach zwanzig Jahren in der Schweiz erstmals in ihre Heimatstadt Alexandria zurück, wo die Mutter im Sterben liegt. Die Reise führt über Kairo, eine herrische Tante und eine Tafelrunde ebenbürtiger Drachen per rosa Oldtimercabrio über Land. Schon vor der Abreise wird die knapp 50-jährige Heldin jedoch in (Tag)träumen von ihrer exzentrischen Mutter heimgesucht und in Debatten über alte Wunden verstrickt. Selbst Abkömmling einer ägyptischen Adelsfamilie, kennt sich Ruggli mit ägyptischen Matriarchinnen und ihrer selbstverständlichen Egozentrik offensichtlich aus, ebenso mit deren Dienerschaft, die gleichzeitig stille BeobachterInnen und getreue HüterInnen des Privilegienwesens sind. Die Kehrseite dieser Milieukenntnis des Regisseurs ist eine gewisse Gleichförmigkeit seines weiblichen Universums – auch beim Nervenkrieg zwischen Mutter und Tochter zieht er einige repetitive Register. Lebendig und prägnant dafür die Zeichnung des Kairoer Strassenlebens und der üppigen Interieurs, fein gesetzt die Schlusspointe: ein rundes Debüt.
Andreas Furler