L’Amour et les forêts
Valérie Donzelli, Frankreich, 2023o
Als Blanche Gregs Weg kreuzte, glaubte sie, denjenigen zu treffen, nach dem sie gesucht hatte. Die Bande zwischen den beiden wurden schnell geknüpft, ihre Geschichte wurde im Eifer des Gefechts geschrieben. Blanche lässt ihre Ängste verstummen, entfernt sich von ihrer Familie und ihrer Zwillingsschwester und glaubt, sich neu erfinden zu können. Doch nach und nach findet sie sich in der Falle eines besitzergreifenden und gefährlichen Mannes wieder. Einem Mann, den sie aus Scham und Angst nicht anzuzeigen wagt. Denn es gibt nur zwei mögliche Auswege aus der Umklammerung. Entweder bricht das Opfer zusammen oder es befreit sich...
Eines fernen Tages, wenn die Cinephilen der Zukunft sich fragen: "Was war im Jahr 2023 im Kino los?", werde ich nicht mehr da sein, um ihnen zu antworten: "Virginie Efira". Wenn alles gut läuft, werden das andere übernehmen. Wenn nicht, dann ist es halt so. Um ehrlich zu sein, kommt die wunderbare Schauspielerin (auf cinefile auch in Benedetta und in der originellen Tragikomödie Adieu les cons zu sehen) auch ohne uns aus. Was will man über L'amour et les forêts schreiben, den neuen Spielfilm von Valérie Donzelli, der in Cannes gezeigt wurde und in dem Virgine Efira eine Lehrerin spielt, die in einer toxischen Beziehung mit ihrem Ehemann (Melvil Poupaud, ausgezeichnet) gefangen ist? Nichts. Der Film zeugt der von einer seltenen erzählerischen und formalen Intelligenz – gespiegelt speziell in seiner geschickten Konstruktion von Rückblenden – und entschärft damit alle Kritikpunkte, die man ihm a priori unterstellen könnte. Nein, er reduziert seine Figur nicht auf eine Opferrolle. Nein, er zeigt nicht die geringste Nachsicht gegenüber dem Ehemann. Mit diesen Eigenschaften stünde er schon gut da. Aber da ist etwas, oder vielmehr jemand, die dem Ganzen seine erschütternde Richtigkeit und Stärke verleiht: Virginie Efira. Mehr muss man dazu nicht sagen.
Emilien Gür