Igor Levit - No Fear
Regina Schilling, Deutschland, 2022o
Der Pianist Igor Levit, Mitte dreissig, ist ein Ausnahmekünstler im gediegenen Universum der klassischen Musik. Mit acht Jahren kam er mit seiner Familie als jüdischer Einwanderer von Russland nach Deutschland, schon als dicklicher Jugendlicher gewann er internationale Wettbewerbe, seit 2014 tourt er, schlankgestählt, freimütig frotzelnd und grün engagiert, jährlich durch hundert Konzerthäuser und hat unter anderem alle Sonaten seines Lieblingskomponisten Beethoven eingespielt. Der Dokumentarfilm fokussiert auf den Musiker Levit und öffnet Augen und Ohren für die Schwerarbeit, die hinter künstlerischer Virtuosität steckt.
Wer klassische Musik mag, nein: liebt, erlebt mit diesem Porträt des russischstämmigen deutschen Pianisten Igor Levit zwei Stunden puren Glücks. Mindestens eine davon sieht man den 35jährigen künstlerischen Schwerarbeiter bei Proben, Einspielungen oder in einem seiner gut 100 jährlichen Konzerte am Flügel sitzen: Wie er in die Musik eintaucht, im Spiel aufgeht, daran verzweifelt, darüber lacht, schwitzt, schmilzt, aufblüht – und sein Publikum durch dieses Wechselbad der Gefühle mitnimmt. An Biographischem, Privatem und Politischem erfährt man nur das Nötigste, dafür umso mehr über den Reichtum, die unendlichen Finessen und die Knacknüsse klassischer Musik. Allein schon die Szenen über die Einspielung sämtlicher Beethoven-Sonaten mit Levits fabelhaftem Tonmeister oder die Probe an Beethovens drittem Klavierkonzert in der Hamburger Elbphilharmonie sind die Streaming-Miete wert, und solche Momente fängt der klug gefilmte und geschnittene Film reihenweise ein. Wie gesagt: Wer klassische Musik liebt oder auch nur mag ...
Andreas Furler