Hijos del viento
Felipe Monroy, Kolumbien, Frankreich, Schweiz, 2022o
In Kolumbien wurden zwischen 2002 und 2010 Tausende von Jugendlichen aus den Elendsvierteln von der Armee entführt, gefoltert und ermordet und vor den Medien als tote Guerilleros vorgeführt, um zu zeigen, dass die Regierung den Krieg gegen die Guerilla gewinnt. Der Film erzählt den Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit von drei Müttern ermordeter junger Männer und einem Unteroffizier, der unter Einsatz seines Lebens diese Misshandlungen anprangerte.
Eine der vielen Brutalitäten und Menschenrechtverletzungen aus Lateinamerika, die schier unglaublich klingen: Während der ersten Dekade des Millenniums, mit einem Höhepunkt zwischen 2006 und 2009, wurden in Kolumbien Tausende Unschuldige getötet, um die Effizienz des Militärs im Kampf gegen linke und rechte Guerillagruppen oder die Drogenkartelle zu beweisen. In Wirklichkeit waren es Zivilisten, besonders Jugendliche, die unter falschem Vorwand irgendwohin gelockt oder einfach entführt, in falsche Uniformen gesteckt und dann ermordet wurden, um die Erfolgsquoten des Militärs aufzublähen oder die Karrieren von Einzelnen zu begünstigen. Die Opfer sind bekannt unter dem Begriff "Falsos Positivos". Der kolumbianische, doch seit 2007 in der Schweiz lebende Regisseur Felipe Monroy begleitet in seinem Dokumentarfilm Angehörige, besonders Mütter, welche die verscharrten Leichen der Opfer oder einfach nur die Wahrheit suchen. Ein wahrer Held des Films – selten ist diese Bezeichnung so gerechtfertigt! – ist ausserdem ein Offizier der kolumbianische Armee, der aus reinen Gewissensgründen schon früh die Verbrechen in den eigenen Reihen aufgedeckt und publik gemacht hat – und seitdem ständig mit dem Tod bedroht wird. Der gradlinige Film findet die richtige Balance zwischen Information, Anklage, politischem Engagement, menschlichem Mitgefühl und einem Pathos, das angesichts der Tragik unausweichlich und gerechtfertigt ist.
Till Brockmann