Alma & Oskar
Dieter Berner, Deutschland, Österreich, Schweiz, 2022o
Im Frühjahr 1912 lässt sich Alma Mahler, Grande Dame der Wiener Gesellschaft und soeben erst Witwe des verstorbenen Gustav Mahler geworden, auf eine Affäre mit dem «Enfant Terrible» der Wiener Kunstszene, Oskar Kokoschka, ein. Während er Liebe mit bedingungsloser Hingabe und Besitzanspruch gleichsetzt, widerstrebt es ihr, einzig und allein die Rolle der Muse und Mutter zu verkörpern. Es entbrennt eine Leidenschaft, die für beide existenzbedrohend wird.
Alma Mahler-Werfel war bis zu dessen Tod 1911 mit dem 19 Jahre älteren Komponisten Gustav Mahler, danach mit dem Architekten Walter Gropius und noch später mit dem Dichter Franz Werfel verheiratet. Daneben hatte Alma, die damals je nach Lesart als Luder, als Muse, als gescheiterte Künstlerin oder als wertvolle Mäzenin und Kunstfürsprecherin galt, noch reichlich Affären. Im Zentrum des Films steht denn auch die Amour fou zum Maler Oskar Kokoschka, die zwischen leidenschaftlichem Begehren und leidenschaftlichem Gezänk pendelt. In der dramaturgischen Anlage etwas redundant – immer wieder enttäuscht Alma die Männer und ist ihrerseits von ihnen enttäuscht – und in seiner Aussage eher fahrig, gelingt es dem Film dennoch, ein fein schattiertes Bild einer Frau zu entwerfen, die sich selbstbewusst und unbeeindruckt über fast alle gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit hinwegsetzte. Auch die Tatsache, dass sowohl Alma Mahler (Emily Cox) als auch Kokoschka (Valentin Postlmayr) nicht nur als egozentrische, sondern des Öfteren auch als ziemlich unsympathische Hauptfiguren daherkommen, ist spannend. Sie bewahrt den Film vor der kitschigen Hagiografie.
Till Brockmann