Divertimento
Marie-Castille Mention-Schaar, Frankreich, 2023o
Paris 1995: Die 17-jährige Zahia träumt davon, Dirigentin zu werden, ihre Zwillingsschwester Fettouma ist Cellistin. Doch Zahia muss sich ihren Weg hart erkämpfen: Frauen sind in ihrem Beruf noch eine Seltenheit, zudem hat sie algerische Wurzeln und stammt aus dem unterprivilegierten Vorort Seine-Saint-Denis. Da haben die beiden Schwestern eine Idee: Warum nicht gleich ein eigenes Orchester gründen? – Nach wahren Begebenheiten.
Spätestens seit dem Kassenschlager Les choristes von 2004 verwendet das französische Kino oft (und gelegentlich strapaziös) die gleiche Erzählformel: Figuren aus benachteiligten Verhältnissen erschliessen sich einen Bereich der Kunst und können sich dadurch verwirklichen. Divertimento, eines der jüngsten Beispiele für dieses Muster, basiert auf einer wahren Begebenheit: die Entdeckung der klassischen Musik durch die Zwillingsschwestern Zahia und Fettouma Ziouani, Töchter einer algerischen Familie, die Mitte der 1990er Jahre in der Pariser Banlieue ein Symphonieorchester gründeten und den Kampf gegen ihre Klassen-, Rassen- und Geschlechterdiskriminierung aufnahmen. Der Film lebt von der Qualität seiner SchauspielerInnen, unter denen die frühere César-Gewinnerin Oulaya Amamra als hochtalentierte Dirigentin und Neils Arestrup als anfänglich herablassender, dann aber ermutigender Mentor hervorstechen. Auch wenn der Film in den Kinos bei weitem nicht die Zahlen von Les choristes erreicht hat, weist er mit der Eleganz seiner Erzählung, der Kraft seiner Charaktere und seinem musikalischen Finale alle Qualitäten eines authentischen französischen Publikumshits auf.
Émilien Gür