La Syndicaliste
Jean-Paul Salomé, Deutschland, Frankreich, 2022o
Maureen Kearney setzt sich als engagierte Gewerkschafterin für die gerechte Behandlung der Arbeitnehmenden beim französischen Atomkonzern Areva ein. Als ihr geheime Dokumente zugespielt werden, die Kooperationsbestrebungen der französischen Atomindustrie mit China belegen, steht sie im Kampf gegen Minister und Industrielle, die das Staatsgeheimnis um jeden Preis schützen wollen, bald allein da und gerät selbst in die Schusslinie. Maureen wird zuhause überfallen. Doch der leitende Ermittler vermutet, dass sie das Ganze inszeniert hat. Schnell wird sie vom Opfer zur Verdächtigen.
Gibt es eine Figur, die Isabelle Huppert nicht überzeugend verkörpern kann? Wir kennen die Antwort seit bald 50 Jahren und 150 Filmen. Besonders stark ist Huppert stets, wenn sie ihre Intelligenz nicht nur mit schnippischer Sprödheit paart, sondern auch mit Leidenschaft für eine Sache oder einen Menschen. Im Dokudrama La syndicaliste ist dies der Fall. Huppert gibt die Gewerkschafterin Maureen Kearny, die 2012 mit der nationalen Atomindustrie wegen heimlicher Weiterreichung von Technologie an China und dem resultierenden Ausverkauf französischer Arbeitsplätze im Clinch war, als sie in ihrem Haus überfallen und vergewaltigt wurde. Da die Polizei im Dunkeln tappte, geriet Kearny in den Verdacht, den Überfall erfunden zu haben – der Beginn eines jahrelangen Kampfs um Gerechtigkeit und ihren Ruf. Jean-Paul Salomé inszeniert die Mischung von Wirtschaftskrimi und Psychodrama so flüssig und sec, dass einen der Film innert Minuten gefangen nimmt und bis zur letzten Minute nicht loslässt. Erschütternd zu Tage tritt die Skrupellosigkeit vieler WirtschaftsakteurInnen, wenn es ums grosse Geld oder die eigene Haut geht. Zudem zeichnet Huppert die Gewerkschafterin als so fadengerade Kämpferin und fragile Existenz, dass man für einmal ohne Wenn und Aber mit ihr fühlt.
Andreas Furler