The Last Bus
Gillies MacKinnon, GB, 2021o
Tom lebt seit fünfzig Jahren in einem abgelegenen Dorf am nördlichsten Punkt Schottlands. Mit der Asche seiner Frau macht sich der 90-Jährige auf die weite Reise nach Land’s End nahe dem südlichsten Punkt Englands, ihrem gemeinsamen Geburtsort – alles mit dem öffentlichen Bus. Das moderne Grossbritannien hat er zuvor nicht gekannt, und es hält manches Abenteuer für ihn bereit.
Missmutige alte Männer, die durch eine Reise oder unverhoffte Bekanntschaft aus der Reserve geholt werden und nochmals lebenswerte Seiten in ihrem grauen Dasein entdecken, haben sich seit den späten Jack-Nicholson-Hits About Schmidt, As Good as It Gets und The Bucket List als Erfolgsgaranten beim global wachsenden Publikum im Rentenalter bewährt. Auch der schwedische Überraschungshit Ein Mann namens Ove, sein kürzliches US-Remake A Man Called Otto mit Tom Hanks und der aktuelle Kinofilm The Unlikely Pilgrimage of Harold Fry setzen auf diese Formel. Oder eben The Last Bus. In letzterem spielt der britische Charakterdarsteller Timothy Spall, den man hierzulande von Mike-Leigh-Meilensteinen wie Secrets and Lies oder Mr. Turner kennt, den nordenglischen Witwer Tom, der mit der Asche seiner verstorbenen Frau an die Südküste reist. Dabei hat es sich Tom in den Kopf gesetzt hat, diese wohl letzte Reise längs durch sein Land ausschliesslich per Bus zu bestreiten. Spall tut dies mit einer körperlichen Schwere und so beharrlich herabhängender Unterlippe, dass man dem bei den Dreharbeiten erst 64-jährigen Schauspieler den 80jährigen Griesgram problemlos abnimmt. Natürlich holt auch Tom die Reise mit ihren Zwischenfällen und unerwarteten Begegnungen aus der Reserve. Doch der Film beschönigt sie nicht zur lebensfrohen Feel-Good-Tour. Nein, dieser Mann ist und bleibt müde und krank. Doch seine letzte Aufgabe erfüllt er mit einer Unbeirrbarkeit, die auf etwas Anderes hinausläuft: Die lange Reise würdigt den Menschen, der eine ungleich längere und beschwerlichere mit ihm gemacht hat. Tom hat eine Mission, das ist wichtiger als gute Laune.
Andreas FurlerDer Film des Schotten Gillies MacKinnon nimmt sich Zeit, eine Zeit, die Tom Harper eigentlich nicht mehr hat. Es ist ein grosser Monolog auf das Leben, verkörpert vom 64-jährigen Timothy Spall («The King’s Speech»), den die Kamera fast nie loslässt.
Peer Teuwsen