Wet Sand
Elene Naveriani, Schweiz, Georgien, 2021o
In einem georgischen Dorf am Schwarzen Meer leben freundliche Menschen, die davon überzeugt sind, dass sie einander kennen. Eines Tages wird Eliko erhängt aufgefunden. Seine Enkelin Moe kommt, um seine Beerdigung zu organisieren. Sie wird mit einem Netz von Lügen und den tragischen Folgen von Elikos heimlicher Liebe zu Amnon konfrontiert, die 22 Jahre dauerte. Die Wahrheit befähigt Moe aber, ebenso wie die Droifbewohner, zu einem anderen Umgang mit ihren Gefühlen.
Demnächst präsentiert die gebürtige Georgierin und Wahlschweizerin Elene Naveriani ihren neuen Film Blackbird Blackbird Blackberry in der prestigträchtigen Cannes-Sektion «La Quinzaine des Cinéastes». Für den Moment schlagen wir Ihnen Naverianis vorherigen Film, Wet Sand, zur Entdeckung vor, der 2022 den Prix de Soleure gewann, den höchstdotierten Filmpreis der Schweiz. Es ist so schön wie eine Liebeserklärung, um die nur zwei Menschen wissen. Genau darum geht es, gewissermassen, hier. Alles beginnt in einer nächtlichen Strandbar an der georgischen Schwarzmeerküste: Das Rauschen der Wellen, ein paar einsame Gäste, ein Wirt, der trauert, weil er eben seinen heimlichen Geliebten verloren hat (was das Dorf früher oder später erfahren wird). Naveriani braucht nicht viel, um eine Atmosphäre verschwiegener Wünsche und schreiender Einsamkeit zu schaffen, und doch ist Wet Sand kein «atmosphärischer Film», eine Stilform, die derzeit in Mode ist und oft genug nur, um erzählerische Schwächen vertuscht. Im Gegenteil, die Geschichte entfaltet sich nüchtern und zurückhaltend, bevor sie Feuer fängt – aber auch letzters ohne Überdramatisierungen. Naveriani hat es nicht nötig, Eindruck zu schinden, weil sie ihre filmischen Mittel im Griff hat. Die lyrischen wie die klassisch erzählten Momente in Wet Sand sind handfester Beweis dafür.
Emilien Gür