La Mif
Fred Baillif, Schweiz, 2021o
In einem Westschweizer Jugendheim leben junge Frauen aus zerrütteten familiären Verhältnissen zusammen. Sie geben sich cool und provokativ, aber eigentlich sehnen sie sich nach Liebe und Vertrauen. Besonders nah ist ihnen die Betreuerin Lora. Diese hat ein Geheimnis, wegen dem sie die Wut der Mädchen besonders gut nachempfinden kann.
Der gebürtige Franzose und Wahlgenfer Fred Baillif liefert mit dieser Dokufiktion einen weiteren Beleg für das Schweizer "Filmwunder" der letzten Jahre, das Autorenfilme mit starken Themen und eigenwilligen Bildsprachen hervorbringt. La Mif erzählt mit starken Laien von den jungen Frauen und ihren BetreuerInnen in einem Haus für gefährdete Teens, das nach einem Zwischenfall kurzerhand in ein Mädchenheim umgewandelt wird. Der gelernte Sozialarbeiter und Regisseur Baillif bringt das Rüstzeug für die naturalistische Grundierung und die expressive Überhöhung dieser Geschichte mit. Dokumentar- und Spielfilm verschwimmen vor unseren Augen, wenn er aus dem hoch- und melodramatischen Alltag seiner Heldinnen erzählt und dabei aufgeschnappte Dialoge mit kleinen Zeitsprüngen verdichtet oder den Originalton unversehens gegen Vokaljazz tauscht. Das Resultat der entschiedenen Gestaltung sind zwei packende, erfrischend freimütige Filmstunden, in denen einen die ungestümen ProtagonistInnen und ihre Crew ans Herz wachsen.
Andreas FurlerIn seinem Sozialdrama gelingt es dem Westschweizer Regisseur Fred Baillif, mit episodischer Erzählweise, Improvisation und Handkamera ein würgendes Gefühl der Klaustrophobie heraufzubeschwören. Das Heim erscheint als Brennpunkt einer kollektiven Überforderung. Dazu mischt Baillif bewusst Realität und Fiktion, Lebenshunger und Verzweiflung, wobei fast alle Rollen von Laien mit Heimerfahrung gespielt werden. Mit dem Resultat, dass «La Mif» (Kurzform für Familie) einer der kraftvollsten und verstörendsten einheimischen Filme der jüngsten Zeit ist.
Hansjörg ZinsliVon Anfang an ziehen einen die charismatischen Protagonistinnen, alle verkörpert von ungekünstelten Laiendarstellerinnen, in ihren Bann. Fred Baillif findet mit seinem Sozialdrama, in dem sich das Fiktive mit dem Dokumentarischen vermischt, ein Gleichgewicht zwischen der Verspieltheit der Mädchen und der notwendigen Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert sind.
Teresa VenaUne réussite surprenante du genevois Frédéric Baillif tant sur la forme que sur le fond.
Olivier DelcroixC’est dans sa deuxième partie, quand il se focalise sur les difficultés, tant professionnelles que privées, vécues par les assistants sociaux qui se dévouent pour ces jeunes filles en difficulté, que cette fiction se montre le plus édifiante.
La Rédaction