Mein Name ist Bach
Dominique de Rivaz, Deutschland, Schweiz, Frankreich, 2003o
Als Johann Sebastian Bach 1747 einen seiner Söhne in Potsdam besucht, wird er zum königlichen Hof zitiert, wo er den jungen Monarchen Friedrich II. von Preussen kennenlernt. Dieser weiss Bachs Genialität zu schätzen, verabscheut es jedoch, von in den Schatten gestellt zu werden. Sein Hofkomponist Quantz hat diese Beschränkung akzeptiert, nicht jedoch seine Schwester Amalia, die für Bachs eigensinnige Sohn Friedemann schwärmt. Im Laufe von Bachs Besuch entbrennt ein Kampf der Egos.
Dieser Film ist schon eine Weile in unserer Sammlung, höchste Zeit für eine kleine Würdigung. Die 1953 geborene Schweizerin Dominique Rivaz wagte hier mit einigen Kurz- und Dokumentarfilmen und reicher Assistenzerfahrung im Rucksack einen Kostüm- und Ausstattungsfilm, wie sie die Filmmanufaktur Schweiz selten hervorbringt. Inspiriert vom Besuch Johann Sebastian Bachs auf dem Berliner Schloss Friedrich des Grossen im Jahr 1747, inszeniert sie das musikalische Kräftemessen des absolutistischen Preussenkönigs mit dem grossen Komponisten nach, bei dem Bach die Blamage Friedrichs mit der "untertänigst" überreichten Miniatur Musikalisches Opfer milderte. Frei hinzufantasiert sind die häuslichen Scharmützel zwischen Bachs bravem Sohn Emanuel und seinem begabteren, aber ungehobelten Erstgeborenen Friedemann, dem auch noch eine Affäre mit der kapriziösen Schwester des Königs angedichtet wird – während Friedrich selbst die (historisch verbürgte) Hinrichtung seines Liebhabers durch seinen tyrannischen Vater nicht verwunden hat und zwischen massloser Arroganz und bubenhafter Verlorenheit durch das Schloss irrlichtert. Auch alle anderen Figuren nehmen sich fortlaufend anachronistische Freiheiten heraus, doch gerade das macht den Reiz des Films aus: Konsequent wird aus der materiellen Not eines beschränkten Budgets die künstlerische Tugend eines unverblümt theatralischen Spiels gemacht. Auch die von Viviane Westwood inspirierten Kostüme und die liebevoll chaotische Ausstattung – der Hof zügelt gerade ... – streben Realismus gar nicht erst an. Rivaz' Kühnheit wurde 2004 mit dem Schweizer Filmpreis für den besten Spielfilm belohnt.
Andreas FurlerDer Zuschauer muss aber kein musikhistorisches Kolleg erwarten oder befürchten. Die Szenen, in denen musiziert oder komponiert wird, sind spannend inszeniert, die Musik ist aber vor allem das Medium, das Friedrich und Bach zueinander führt. Ihre Begegnung ist ein richtiger Kampf, beide sind starrköpfig, aber beide suchen auch Zuneigung. Vadim Glowna als schon altersmüder Bach, von Blindheit bedroht, und der fast proletarische Friedrich II. Jürgen Vogels sind ebenbürtige Gegner und Partner. Aus dem Thema Musik wird allmählich das Thema Vater und Sohn, und da haben beide ihre schwierigen oder sogar katastrophalen Erfahrungen. […] Dominique de Rivaz hat ihr Spielfilmdebüt, das den Schweizer Filmpreis gewann, vor allem als Schauspieler- und Dialogfilm (gutes Drehbuch!) inszeniert; auch die kleineren Rollen sind ausgezeichnet besetzt. Manchmal wagt auch die Kamera von Ciro Cappellari Erstaunliches: Wenn Bach nachts komponiert, nimmt sie seinen kahlen Kopf von hinten auf wie einen geheimnisvollen Planeten am nächtlichen Himmel, aus dem die Musik heraus zu strömen scheint, und dann geht langsam die Sonne auf und beleuchtet den Schädel von links.
Wilhelm RothLauréat du Prix du cinéma suisse en 2004, le très beau long métrage de la réalisatrice Dominique de Rivaz nous transporte dans la vie de Johann Sebastian Bach et le temps d’une rencontre avec le roi Frédéric II de Prusse, au mois de mai 1747. On entre à Postdam en calèche par une journée chaude et humide car c’est bientôt le baptême du tout premier petit-enfant de J.S. Bach. La réputation du « grand Bach » le précède et le mène tout droit au palais du roi. C’est l’œuvre instrumentale «L’Offrande musicale» que le maître composa à cette occasion qui représente le fil rouge du film ; car la musique est omniprésente dans les relations que le clan Bach noue avec le roi et son entourage. La richesse des détails et des costumes nous plonge très naturellement dans le quotidien de l’époque. Servi par de formidables acteurs et actrices et un scénario habilement écrit, nous emboîtons le pas des protagonistes et partageons avec eux leurs joies et leurs désarrois. Car il importe peu de démêler les faits historiques de l’imaginaire quand on a le privilège de rentrer dans la peau du « grand Bach ».
Carine Soleilhavoup