Babylon 2
Samir, Schweiz, 1993o
"Secondos" in der Schweiz: Ein türkischer Eishockeyspieler erzählt, warum er sich nur in eine Italienerin verlieben konnte – die lieber auf Englisch rappt. Ein Hip-Hop-Sänger mit spanischen Wurzeln fordert seine politischen Rechte ein und der Regisseur erinnert sich, wie er trotz seiner arabischen Herkunft als Jude attackiert wurde. Eine Reflexion über das Entstehen einer neuen urbanen Kultur in der Schweiz durch die zweite Generation der Emigranten.
Als gestalterisches Statement zur Hybridität ist «Babylon 2» eine selbstreflexive Montage, die Interviews und Reportage mit fiktionalen, inszenierten Momenten kombiniert und die technischen Möglichkeiten von Videobild (BETA) und digitaler Bearbeitung (AVID) auslotet. Als «Intarsien» erscheinen in verschiedenen Bildfenstern Familienfotos, Wochenschaumaterial, Filmzitate, Super 8- und 16mm-Aufnahmen, die durch Schrifttypen und Tonfragmente orchestriert zu einem polyphonen Mosaik werden und den eindimensionalen Bildrahmen sprengen. (Auszug)
Margrit TröhlerDie eigene Biographie, eigene Erfahrungen haben dem in Bagdad geborenen, im Alter von sechs Jahren in die Schweiz gekommenen Samir als Grundlage zu seinem bisher bemerkenswertesten Film gedient. Babylon 2 gewinnt sein Format durch eine ebenso unmittelbar-spontan ansprechende wie hochartifiziell durchgestaltete Machart, die in ihrer Polyperspektivität der Erzählform wie der Sprache zutiefst demokratisch wirkt. Bedauern mag man höchstens, dass die Analyse unseres Landes durch einen, der die hiesigen Verhältnisse kennt und doch den Blick für das Fremde daran nicht verloren hat, sich im letzten Drittel nicht zur erwarteten umfassenden Bestandesaufnahme weitet, sondern sich auf Einzelporträts zurückzieht.
Christoph EggerWährend in den siebziger und achtziger Jahren verschiedenste politische und ethnische, sexuelle und geschlechtliche Gruppierungen ihre Realität in eigenen kulturellen Produkten umsetzten, wird heute das subkulturell geprägte Selbstbewusstsein stolz präsentiert. Mehr noch: Man ist überzeugt, dass sich die eigene spezifische Position besonders eignet, um den Anschein des «Natürlichen» der sogenannt selbstverständlichen Positionen aufzubrechen. Aus der unkomfortablen Position «ausserhalb» wird eine spannende Position «dazwischen». Diese Position definiert Samirs «Babylon 2» auch für die Schweiz. Für ihn repräsentieren die AusländerInnen en bloque eine andere Schweiz mit eigener Kultur und Struktur.
Lilian RäberGalerieo





