American Hustle
David O. Russell, USA, 2013o
Der New Yoker Trickbetrüger Irving und seine stark dekoltierte Komplizin Sydney schwatzen Geschäftsleuten in der Klemme vermeintliche Kredite gegen Kommissionen auf. Als ihre krummen Geschäfte auffliegen, zwingt sie ein ehrgeiziger FBI-Mann, weitere Deals mit Politikern einzufädeln, die er der Korruption verdächtigt. Die aufwändigste Falle wird für den Bürgermeister von New Jersey ausgelegt und ruft ungewollt die Mafia auf den Plan. Irvings unberechenbare Frau und ein Techtelmechtel zwischen Sydney und dem Cop sorgen für zusätzlichen Zunder.
Warum schauen wir im Kino so gerne HochstaplerInnen bei ihren krummen Touren zu? David O. Russells zehnfach oscarnominierte Gaunerkomödie legt nahe, dass dies mit dem komischen Widerspruch zwischen der Raffinesse der angewandeten Tricks und der Naivität der Annahme zu tun hat, dass letztere als dauerhaftes Geschäftsmodell taugen. Vor allem aber verfügen «con(wo)men» über den Mut und Kaltblütigkeit, von denen auch wir im Alltag gern etwas mehr hätten. Deshalb hoffen wir uns für die GaunerInnen wider alle Vernunft ein einigermassen ungeschorenes Ende herbei. American Hustle bündelt diese Zutaten zu einem derart vergnüglichen 70er-Jahre-Cocktail (nach einem angeblich wahren Fall), dass man dem Film auch ein paar Hochstapeleien bei der Konstruktion des Plots verzeiht. Ein phänomenal angefetteter Christian Bale und eine hemmungslos aufgebrezelte Amy Adams geben das Betrügerduo, Bradley Cooper geht ihnen als übereifriger FBI-Mann ans Leder, Jennifer Lawrence komplettiert das resultierende Kuddelmudel als Eheschlampe, die direkt einem Scorsese-Film entsprungen sein könnte. Noch besser: Die Story spitzt sich auf die unerwartete Frage zu, was in einer Hochstapler-Komödie geschieht, wenn der Betrüger seinerseits betrogen wird, sein Opfer ein anständiger Kerl und der Mann des Gesetzes ein unmöglicher Typ ist. Eine wahrhaft schillernde Angelegenheit.
Andreas FurlerBunte Hemden, geschmacklose Möbel, psychedelische Klamotten und ein Soundtrack von Donna Summer bis zu den Bee Gees: Selten waren die 70er so schön schrecklich. Besonders Ex-Batman Bale ist mit seinem Combover und dem angefressenen Bauch scheusslich anzusehen. Hinter den grotesken Kostümen und Frisuren stecken aber tragische Figuren, die eigentlich nur nach einem besseren Leben streben.
ggsNie war der American Way of Life amerikanischer als in den Siebzigern, das demonstriert uns David O. Russell in seinem neuen, vielfach oscarnominierten Geniestreich. Die (Haus-)Frauen sind aufgedonnert und blondinesk (Jennifer Lawrence, Amy Adams), die Männer eitel und geil, auf Geld und Sex (Christian Bale, Bradley Cooper), und Korruption ein fröhlicher Volkssport.
Fritz GöttlerStattliche 30 Kilogramm Gewicht musste Christian Bale zulegen – für die Rolle des Trickbetrügers Irving Rosenfeld in David O. Russells brillanter Gaunerkomödie «American Hustle». Doch noch nie, so behaupten seine attraktiven Mitspielerinnen Amy Adams und Jennifer Lawrence, habe der «Batman»-Darsteller so sexy ausgesehen wie in dieser filmischen Feier des schlechten Geschmacks der 1970er Jahre, trotz Wampe und Toupet, Goldkettchen und Schlaghosen, Plateauschuhen und Zuhälter-Sonnenbrille. Dies behaupten sie jedenfalls in den Interviews zum jetzt auf DVD erschienenen Film, der unverdienterweise als einer der grössten Verlierer in die Oscar-Geschichte eingegangen ist: Zehn Nominierungen heimste er in diesem Jahr ein, gewann aber keinen einzigen Academy Award, noch nicht einmal für Kostüme und Ausstattung, obschon es besser kaum geht.
OWD.You’ll want to love Irving (Christian Bale), the half-smart schmo first seen finessing an elaborately glued comb-over in the mirror—and you’ll hate Richie (Bradley Cooper), the aggro Fed who, with a flick of his hand, ruins it. These are but initial impressions: American Hustle, a dynamite crime comedy and identity meltdown that can rekindle one’s faith in movies, will no doubt jostle allegiances like tourists in the back of a cab. There’s still the matter of Sydney (Amy Adams)—or maybe she’s Lady Edith Greensly, a British financier clad in plunging ’70s couture. All of them are in on a grift (and a love triangle) that takes them from the storage space of a dry cleaner to the undulating dance floor of Studio 54, and even the hotel-room buggings of the Abscam sting. The scope of the script (by Eric Warren Singer and director David O. Russell) is amazingly wide for what always felt like a grubby chapter of post-Watergate malfeasance. But Russell has figured out how to make his performers fly—the actors are all playing actors, basically—and he’s brought back his original neuroticism to boot.
Joshua RothkopfGalerieo
Die Tragikomödie über einen Trickbetrüger im Dienste des FBI ist eine Siebzigerjahre-Ausstattungsschlacht.
Das FBI engagiert einen Trickbetrüger, um mithilfe eines falschen Scheichs hochrangige Politiker in die Falle zu locken. Es geht um Casinolizenzen. Am Ende landen unter anderem ein Bürgermeister und ein Senator wegen Korruption im Gefängnis.
Das ist nicht etwa eine erfundene Geschichte, sondern die reale Abscam-Operation, die von 1978 bis 1981 lief. Der Drehbuchautor Eric Warren Singer («The International») verarbeitete den Skandal zu einem Drehbuch, aber es brauchte mehrere Jahre, bis sich David O. Russell des Skripts annahm. Der Regisseur von «Three Kings» und «Silver Linings Playbook» schenkte sich aber die direkten historischen Bezüge und schrieb die Geschichte zu einer schrägen Tragikomödie um.
Er fing mit dem echten FBI-Helfer Melvin Weinberg an und machte aus ihm die Karikatur Irving Rosenfeld. Christian Bale hat sich für die Rolle einen enormen Bauch angefressen und liess sich eine fürchterliche Frisur verpassen: Als wir ihn zum ersten Mal sehen, steht er vor dem Spiegel, befestigt ein Haarbüschel auf der Glatze, kämmt sein Resthaar darüber und klebt alles mit Leim fest. Eine groteske Gestalt mit protziger Sonnenbrille und rotem Samtanzug.
Auch die anderen Figuren scheinen einem Albtraum aus Porno-Chic und Disco entsprungen zu sein: bunte Hemden, Betonfrisuren, geschmacklose Möbel und psychedelische Tapeten. Dazu fährt die Tonspur alles auf, was in jener Zeit Rang und Namen hat, von Donna Summer über Tom Jones bis zu den Bee Gees. So schön schrecklich waren die 70er-Jahre selten, und der Mummenschanz scheint all den Stars sichtlich Spass gemacht zu haben.
Aber unter der grotesken Oberfläche verstecken sich tragische Figuren. Rosenfeld stammt aus armen Verhältnissen und will endlich ein besseres Leben haben. Genauso geht es Sydney Prosser (Amy Adams). Diese trägt hauchdünne Kleider und zentimeterdickes Make-up und wird Rosenfelds Partnerin in jeder Beziehung. Als eigentlicher Bösewicht stellt sich der skrupellose FBI-Agent Richie DiMaso (Bradley Cooper) heraus. Er zwingt die beiden, ihm zu helfen und einen Bürgermeister zu verraten, der sich nur in den Korruptionsskandal verwickeln lässt, weil ihm das Schicksal seiner Stadt am Herzen liegt. So durchgeknallt Russells Film auch aussieht, so geschickt hinterfragt der Regisseur die Unterscheidung zwischen Gut und Böse.