Comme des voleurs (à l'est)
Lionel Baier, Schweiz, 2006o
Ein Paar, das wie Diebe die schweizerische Grenze passiert: Lucie und Lionel, die sich nachts am Steuer eines von Radio Suisse «ausgeliehenen» Autos nach Deutschland davon machen. Bruder und Schwester, Kinder eines waadtländischen Pastors und vielleicht direkte Nachkommen einer polnischen Familie. Aber das ist keineswegs sicher. Sicher dagegen sind die Verfolgungsjagd in der Slowakei, die Fabrikruinen in Schlesien, das gestohlene Fahrzeug, die weisse Hochzeit, der Student aus Krakau, die falschen Pässe, die echten Probleme, die Strasse nach Warschau, das Abenteuer. Ein turbulenter Roadmovie.
Hintergrund der Fahrt, in die sie sich geradezu geflüchtet haben, ist Lionels plötzliche, durch eine vage Familiengeschichte ausgelöste Gewissheit, «Pole» zu sein. Der Besuch im Nationalarchiv erweist sich als genealogisch überraschend; und wenn die Auflösung einer Schlüsselszene etwas kinomässig wirkt, so sind deren wiederkehrende, wild bewegte, dramatisch eingefärbte Unterwasserbilder (Kamera Séverine Barde) doch sehr schön gemacht. Der Drang zum Definitorischen erinnert an Tanner, es verwischen sich, ebenso wie die Jahreszeiten, die Grenzen zwischen Eitelkeit und Reverenz, wenn der junge Vallotton im Selbstporträt, die Buchumschläge von Cendrars' «L'or» (bald einmal auf Polnisch) und Freddy Buaches Soutter-Monografie ostentativ ins Bild gerückt werden. Raffiniert wiederum ist die Irritation, die Baier auslöst, indem er die von ihm dargestellte Filmfigur mit seinem vollen Namen versieht.
Christoph EggerDer Film sei eine Nabelschau, hiess es: Lionel Baier, Regisseur und Autor, spielt darin Lionel Baier. Der Romand dreht nun mal persönliche Filme, und das macht auch ihren Reiz aus. Wer da jedes «ich» wörtlich nimmt, ist selber schuld. [...]
Der Trip wird zum Adventure-Kino mit einer Schlägerei, einem Unfall und etlichen merkwürdigen Begegnungen. Das alles lebt von Baiers Fabulierlust: Wir hören viele lustige Dialoge, erleben aber auch ein paar Umwege zu viel. Aber wie Baier am Schluss den Stammbaum schüttelt und die Geschwister einander näherkommen, da wird der Film richtig rührend.
Pascal BlumDrôle, pétillant, intelligent et, osons le dire, intéressant ! Une petite perle à ne pas manquer.
Sébastien MaugeLe second long métrage du Lausannois Baier, 32 ans, après Garçon stupide (2004), est doux et secoue, se fout de déplaire sans y arriver. On a beau l'avoir déjà vu deux fois qu'on n'a qu'une idée en tête : y retourner une troisième pour gratter le mystère de sa jubilation.
Eric LoretLe jeu étrangement décalé, distillant une impression d'improvisation, des protagonistes principaux, la veine un rien nombriliste du propos, accouchent d'un ton sympathique, qui ne laisse pas indifférent.
Jean-Luc DouinGalerieo

