O Brother, Where Art Thou?
Joel Coen, USA, GB, 2000o
Ulysses McGill führt eine Dreierbande von geistig etwas schwerfälligen Kettensträflingen an, die in der Depressionszeit durch das ländliche Mississippi streunen und eine Reihe haarsträubender Abenteuer erleben. Dabei jagen sich die Anspielungen und überdrehten Szenen: Die Gefährten verlieren und finden sich, kommen an Geld und werden verführt und betrogen, bis Ulysses den heimlich ersehenten Ehehafen ansteuert. Auch der ist nicht wie erhofft.
Unmittelbar nach ihren Publikums- und Kritikerhits Fargo und The Big Lebowski legten die Coen-Brothers diese Farce vor, in der drei Kettensträflinge im Mississippi der 1930er Jahre von der Zwangsarbeit türmen, um die Beute eines Raubüberfalls zu finden, die ihr Anführer (George Clooney) angeblich versteckt hat. Der Film wimmelt von Anspielungen, so erklärtermassen auf die Odyssee, doch ist dies bloss eine Lizenz für höheren Klamauk am Laufmeter: Das tumbe Trio gerät auf seinen Irrwegen an einen blinden Seher auf einer Draisine, erzreaktionäre Hinterwäldler und Politiker, den historisch überlieferten Bankräuber Babyface Nelson und spielt einen Country-Song ein, der zum Hit wird, lässt sich von einem Bibelverkäufer verkloppen oder von drei Sirenen in einer umwerfende Szene den Kopf verdrehen … Die wahren Leitsterne des Ganzen sind die Klischees in unseren Köpfen über die US-Südstaaten und die grosse Wirtschaftskrise jener Jahre, die überdrehten, halb eskapistischen, halb realistischen Screwball-Komödien darüber und die Folk- und Bluesmusik darum herum, aus welcher der Singer-Songwriter T Bone Burnett einen fantastischen Soundtrack zusammengestellt hat. An den Kinokassen funktionierte der wilde Mash-up noch besser als bei den zwei vorangegangenen Coen-Vehikeln, die Kritik reagierte gespalten. Sagen wir’s so: Die Coens haben denkwürdigere Filme gemacht, doch kaum einen merkwürdigeren.
Andreas Furler