Mug
Małgorzata Szumowska, Polen, 2018o
Jacek liebt Heavy Metal und seinen Hund. Wenn der coole Aussenseiter mit Freundin Dagmara die Tanzfläche betritt, geht die spiessige Dorfgemeinschaft sofort in Deckung. Nach einem schweren Arbeitsunfall auf der Baustelle, wo die grösste Jesusstatue der Welt entstehen soll, gerät sein Leben empfindlich aus dem Groove. Unter reger Anteilnahme der polnischen Öffentlichkeit wird an Jacek die erste Gesichtstransplantation im Land vollzogen. Als Nationalheld und Märtyrer gefeiert, erkennt er sich im Spiegel selbst nicht wieder.
Nach einem Unfall beim Bau einer Christusstatue transplantiert man Jacek ein neues Gesicht, was zu seiner Ausgrenzung in der Dorfgemeinschaft führt. Małgorzata Szumowskas intelligente Farce, 2018 ausgezeichnet mit dem Jurypreis der Berlinale, attackiert den ländlichen polnischen Katholizismus und macht aus Jacek eine Maske, in der Ernst und Ironie, Jesus und Satan verschmelzen.
Philipp StadelmaierGalerieo
Ein Pole erhält nach einem Unfall eine Gesichtstransplantation. Damit ändert sich für ihn alles. «Mug – Twarz» thematisiert das Zusammenspiel von Sein und Schein.
Ein polnisches Dorf fiebert der Fertigstellung einer riesigen Jesusstatue entgegen. Es soll die grösste der Welt werden, noch grösser als die auf dem Zuckerhut in Brasilien. Auf der Baustelle in Polen arbeitet auch Jacek (Mateusz Kociukiewicz), obwohl er persönlich viel lieber Metallica hört als betet. Eines Tages passt er nicht auf, wohin er tritt – und stürzt vom Baugerüst. Dabei zieht er sich so schwere Verletzungen am Kopf zu, dass die Ärzte ihm das Gesicht eines Toten implantieren. Gut sieht das nicht aus. Trotzdem, Jacek gewöhnt sich daran.
Nicht so die Menschen in seinem Umfeld: Die Freundin verlässt ihn, seine Mutter erkennt ihren Sohn nicht wieder und holt einen Exorzisten. Und irgendwann weigern sich die Mitglieder der Kirchgemeinde, für Jaceks teure Behandlung zu spenden. Die Regisseurin Malgorzata Szumowska («In the Name Of») geht in ihrem neuen Film von echten Ereignissen aus: 2013 wurde dem ersten Polen ein fremdes Gesicht angepasst, was einen gewaltigen Medienrummel auslöste. Und es stimmt, die grösste Jesusstatue der Welt steht in der polnischen Provinz; 2010 wurde sie dort errichtet. Szumowska hat beides zusammengeführt und daraus eine Satire gemacht, in der sie Partei ergreift für die Aussenseiter.
Als Heavy-Metal-Fan fällt Jacek nämlich aus dem Rahmen, lange vor der Gesichtsoperation. Und er bekommt den Unmut einer Gesellschaft zu spüren, in der der schöne Schein katholischer Wohlanständigkeit von grosser Bedeutung ist, es an echter Menschlichkeit aber fehlt. Einzig Jaceks Schwester hält zu ihm: Sie selbst ist unglücklich mit einem grossmäuligen Grobian verheiratet und hofft, dass wenigstens ihr Bruder dem alltäglichen Mief entkommt. Egal, mit welchem Gesicht.