Under Capricorn
Alfred Hitchcock, USA, 1949o
Der Ire Charles Adare übersiedelt 1831 nach Australien, wo er sich ein neues Leben aufbauen will. Dort trifft er einen Grossgrundbesitzer und dessen Frau Henrietta, die er aus Kindheitstagen kennt. Doch Henrietta ist Alkoholikerin und ein Nervenbündel geworden. Charles will ihr helfen und verliebt sich dabei erneut in sie.
Man lasse sich von den Konventionen dieses historischen Melodrams nicht abschrecken: Recht umständlich führt da Alfred Hitchcock sein männliches Personal ein, den adligen Iren Charles Adare (ein sympathisch windiger Michael Wilding), der 1831 in Sydney landet, um in der einstigen Sträflingskolonie ein neues Leben zu beginnen, und den reichen Geschäftsmann Sam Flusky (Joseph Cotten), der als ehemaliger irischer Stallknecht von der oberen Gesellschaft der neuen Welt gemieden wird und Charles bald in sein Haus an eine Dinnerparty einlädt. Dort kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung, der ersten Szene, in der man Hitchcocks Handschrift erkennt: Zuerst erblickt man nur nackte Füsse unter einem Morgenrock, schliesslich eine schlafwandlerisch, leicht irre blickende Ingrid Bergman als Sams Gattin Henrietta, die sich betrunken an die Tafel setzt. Charles erkennt in ihr eine Freundin aus Kindertagen wieder und unternimmt fortan alles, um der gebrochenen Frau zu neuem Selbstbewusstsein zu verhelfen. Als Hindernis erweist sich dabei eine intrigante Hausdame, die offenbar in ihren Hausherrn verliebt ist. Hitchcocks zweiter Farbfilm, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Helen Simpson, wirkt heute kulissenhaft. Im Vierecksdrama zwischen der kranken, in den eigenen Wänden eingesperrten Frau, ihrer Haushälterin und den konkurrierenden Männern gibt es jedoch intensive Szenen in langen Plansequenzen, die das Erzählkorsett vergessen lassen: Ingrid Bergman, die als Alkoholikerin um gesellschaftliche Würde und ihre verlorene Liebe kämpft. Oder jene Szene, in der Henrietta entdeckt, was es mit ihren Wahnvorstellungen auf sich hat.
Kathrin Halter