The End of Meat
Marc Pierschel, Deutschland, 2017o
In Deutschland, dem Land von Bratwurst und Schnitzel, landet Fleisch täglich auf dem Teller. Doch vor einigen Jahren führten „Fleischskandale“ und ethische Bedenken zu einer öffentlichen Debatte um die Moral des Fleischkonsums und zur Popularisierung fleischfreier Ernährungsweisen. Grosse Fleischkonzerne begannen pflanzliches Fleisch und Wurst herzustellen, vegane Supermärkte öffneten und vegane Produkte waren gefragt wie nie zuvor. Könnte dies der Anfang vom Ende des Fleisches sein?
Optisch wenig attraktiv, handelt es sich beim Film mehrheitlich um eine Referenten-Schlacht: Über 40 Personen untermauern in Kurzauftritten das Pamphlet für vegane Ernährung, ohne dass kritische Fragen gestellt würden. So verschweigt der Film, dass viele vegane Produkte industriell und nicht sehr umweltfreundlich hergestellt werden; und nicht nur für die Fleischwirtschaft, auch für den Anbau von Soja oder Avocados werden Regenwälder gerodet.
Claudia SchmidGalerieo
«The End of Meat» thematisiert den Irrsinn der Fleischindustrie und zeigt die Alternativen. Doch er bleibt einseitig und oberflächlich.
56 Milliarden Nutztiere werden pro Jahr für den Fleischkonsum getötet; 70 Prozent der weltweiten Äcker und Weiden werden für Tierfutter genutzt, 18 Prozent der Treibhausgasemissionen gehen aufs Konto der Fleischwirtschaft: Diese Zahlen sprechen nicht dafür, sich täglich ein Steak zu gönnen.
Der 40-jährige Dokfilmer Marc Pierschel hat sich deshalb auf die Suche nach fleischlosen Alternativen gemacht. In den USA, in Indien, wo sich mit Palitana die selbsterklärte Vegi-Stadt der Welt befindet, in Kanada und in seinem Heimatland Deutschland hat er mit über 40 Leuten gesprochen.
Vision einer veganen Welt
Ob Forscher, Tierrechtler oder Unternehmer wie die Gründer der veganen Berliner Lebensmittelmarke Veganz: Sie alle erläutern die Vision einer veganen oder vegetarischen Welt. Auch auf die Frage, was mit Nutztieren passiert, wenn Tiere dereinst nicht mehr geschlachtet werden, wird eingegangen: Lebenshöfe, in denen Nutztiere den ganzen Tag grasen und spielen, sind da nur eine Option.
Daneben stellt Pierschel Menschen vor, die mit Nutztieren zusammenleben. Schweinchen Esther etwa wird von einem kanadischen Paar wie ein Hund oder eine Art Kind gehalten und ist mit 1.3 Millionen Follower auf Facebook ein Medienstar. Solche Geschichten mögen rührend sein, lösen das Problem des Fleischkonsums wohl aber genauso wenig wie die Arbeiten des Künstlers Hartmut Kiewert, der Bilder mit Stadtszenen malt, in denen Nutztiere frei herumlaufen.
Fleischwirtschaft als Sündenbock
Man hätte sich von diesem Film mehr lösungsorientierte Beispiele wie etwa den Exkurs über die proteinreiche Meeresalge Dulse gewünscht. Zudem wird die Fleischwirtschaft in dieser einseitigen Doku – Pierschel ist Autor eines veganen Kochbuchs – als einziger Verursacher des Klimawandels dargestellt.
Vegane Unternehmer plaudern über ihren Erfolg, ohne dass ihre Geschäftsabsichten oder die industrielle Produktion und Künstlichkeit veganer Lebensmittel hinterfragt werden. Dass die Vision einer fleischlosen Gesellschaft nicht mit der Rettung von ein paar Tieren aus dem Schlachthof, sondern wohl nur durch ein kulturelles Umdenken zu schaffen ist, wird nur am Rande thematisiert.