Le fabuleux destin d'Amélie Poulain
Jean-Pierre Jeunet, Frankreich, Deutschland, 2001o
Eine schüchterne Kellnerin träumt sich fantasievoll durch den tristen Alltag im Pariser Stadtteil Montmartre. Eine Schachtel mit alten Spielsachen inspiriert sie dazu, ihren Mitmenschen Gutes zu tun. Sie hilft Kollegen und Nachbarn und findet wie nebenbei die Liebe. Ein liebvoll ausgestattetes Märchen, das Paris und die Welt in verzauberter Gestalt zeigt.
Wenn eine Qualität dieses Films ausser Frage steht, dann ist es sein Wiedererkennungswert. Egal welche zehn Sekunden man davon anschaut, man weiss sofort: Das ist doch Le fabuleux destin d'Amélie Poulain! So organisch und einzigartig ist das von Regisseur Jean-Pierre Jeunet entworfene Universum, das eigentlich im Paris Ende der Neunzigerjahre angesiedelt ist, aber wie ein grosses aus buntem Marzipan gezimmertes Puppenhaus wirkt. Das ist wohl auch das, was Millionen von Kinofans so lieben: die Welt ist hier nie das, was sie wirklich ist, sondern das, was sich Amélie davon erträumt. Die schüchterne Bistro-Kellnerin mit einer trostlosen Kindheit – ein vermeintlicher Herzfehler, schwierige Eltern, ein suizidaler Goldfisch – versucht mit ihren irrwitzigen Einfällen, einem ikonischen Haarschnitt und ihren staunenden Knopfaugen, Gutes in die Welt zu bringen, zunächst nur für andere, am Schluss auch für sich selbst. Ihre Rolle ist unzertrennlich verbunden mit der Darstellerin Audrey Tautou, die mit dieser Figur auf einen Schlag zum Weltstar wurde und später auch nach Hollywood gelangte – dabei wurde das Drehbuch ursprünglich der britischen Schauspielerin Emily Watson auf den Leib geschrieben, die aber absagen musste. Neben Tatou ist auch die Musik von Yann Tiersen (so süss, dass man schon vom Zuhören Karies bekommt) ein fester Bestandteil dieses urbanen Märchens, das die bizarren, wunderlichen und amüsanten Ideen so schnell taktet, dass man über das Fehlen einer wirklich konsistenten Handlung gerne hinwegsieht.
Till Brockmann